Wo Mo Kenney mit ihrem Namen draufsteht, da ist auch Mo Kenney drin: verträumt-verspielter Singer-Songwriterpop at its best. Was banal klingen mag, ist umso ernster gemeint. Auf ihrem neuen Album „In My Dreams“ wirkt die 25-jährige Kanadierin aus dem Provinznest Bedford, Nova Scotia, unglaublich souverän, erzählt gelassen ihre Geschichten.
Kenney kehrt dabei ihr Innerstes nach außen, um ihre ganz persönlichen Befindlichkeiten im Leben auf den Prüfstand zu stellen und auf Allgemeingültigkeit abzuklopfen. Das klingt ziemlich einfühlsam, und das ist es auch. Bestes Beispiel dafür ist ihr Song „Untouchable“. Auf der aktuellen Platte hören wir eine selbstbewusste Sängerin, große Ausstrahlung, großes Herz.
Auf der Bühne sehen wir ein schlacksiges und schüchternes Mädchen, im Inneren ist da eine Frau mit Unsicherheiten: „my arms / my legs / my lips / we slip / my hands / my face / this place, unreachable / my heart, untouchable“. Verglichen mit ihrem gleichnamigen Debüt „Mo Kenney“ aus dem Jahr 2012, klingt „In My Dreams“ sehr viel abgerundeter, geerdeter und vor allem nach einer richtigen Band.
Während Mo Kenney mit ihrer Live-Band tourt, ist die Produktion einer Platte eine ganz intime Angelegenheit, die Kenney im kreativen Alleingang mit ihrem Produzenten Joel Plaskett einspielt. Dabei ist sie eine entschiedene Gegnerin von Stumpfsinnigkeit, der sich für sie im Techno der 1990-er Jahre widerspiegelt („Telephones“): „I have a strong heart but you play too rough / you listen to techno I hate that stuff / at people’s parties hey we don’t say much“.
Ein guter Song ist für Mo Kenney ein lyrischer Text, in dem sich der Zuhörer wiederfinden kann. Dann kommt die Melodie und der Flow von ganz allein. Songwriting à la Mo Kenney kommt ohne viel Schnickschnack aus, beschränkt sich auf Akustikgitarre und Gesang („Field Song“, „Wind Will Blow“), mal gehaucht oder gesummt, mal mit komplexeren Arrangements auf Band-Konzept-Niveau („I Faked It“, „Dancing“). Mo Kenneys Stimme fasziniert, hat Charakter, vermag uns eindringlich, aber unaufdringlich in ihren Bann zu ziehen.
Die zehn Songs auf „In My Dreams“ bestechen durch Klarheit, rauschen nicht ungehört vorbei. Manchmal scheint es so einfach zu sein, das Rezept für eine gelungene Singer-Songwriterplatte. Vielleicht liegt der Schlüssel zum Erfolg von Mo Kenney in dem Raum zwischen den Zeilen, der uns Zeit gibt durchzuatmen, unser eigenes Leben zu hinterfragen. Kenney zelebriert die Sinnsuche auf einem Feld voll Sonnenblumen unter blauem Himmel, Schwermütigkeit trifft auf den Sinn für das Schöne, eine Konstante in einer Welt voll von Irrsinn und Unbehagen. Mo Kenney, gerne mehr davon und auf Dauerschleife gewünscht.

