Es ist nicht einfach, den Sound von alt-J zu beschreiben, und doch liegt etwas sehr Vertrautes in ihrer Musik. Ihr 2012 erschienenes Debütalbum „An Awesome Wave“ funktioniert auf verschiedenen Ebenen. Da gibt es intelligente und eindringliche Texte, ein außergewöhnliches strukturiertes Ambiente und vor allem gut arrangierte Rhythmen und Melodien. All das macht den Sound von alt-J zu einer stimmungsvollen Atmosphäre, die jedem Hörer privat und vertraut vorkommt. Letztes Jahr erschien mit „This Is All Yours“ ihr zweites Werk und nichts hat sich verändert. Noch immer sind die Songs so eindringlich, dass niemand aus ihrem Bann kommt. Mit diesem Album sind sie jetzt schon mehr als ein Jahr auf Tour und machten am Samstag in der Arena Berlin halt.

Alt-J betraten die Bühne durch Nebelschwaden und eine aufwendige Lichtshow. Dann eröffneten sie ihr Set mit „Intro“, das nicht nur auf dem letzten Album, sondern auch live als perfekter Opener funktioniert. Ursprünglich als „Nod To The Canon“ komponiert, ist es für die Musiker aus Leeds mehr ein Augenzwinkern zum Debütalbum. Niemand aus der Band dachte, dass „An Awesome Wave“ ein solcher Erfolg wird. Wenn man nach den Zuschauern in Berlin geht, weiß man warum dieses Augenzwinkern gerecht ist. Der Opener wurde vom Publikum gefeiert, als wäre es die letzte Zugabe.

Als wäre dies nicht genug, spielten sie kurz danach „Every Other Freckle“ und „Left Hand Free“. Zwei Lieder, die seit letztem Jahr in fast jeder Playlist zu finden sind. Beide Songs sind die wichtigsten Singleauskopplungen des letzten Albums und gehören somit zwangsweise zu den hoffentlich-spielen-sie-die-Lieder des Abends. Dementsprechend energisch wurden sie vom Publikum aufgenommen. Aus fast jeder Ecke hörte man, wie die Texte mitgesungen wurden. Der Sound von alt-J ist nun mal schwer tanzbar und lädt eher zum Schwelgen und Träumen ein. Den Gästen machte dies nichts aus und sie entwickelten kurzerhand einen eigenen Tanzstil, der mit der Musik von alt-J ganz gut funktionierte.

Weitere Highlights des Abends waren „Something Good“, „Leaving Nara“ und „Fitzpleasure“, die live noch gewaltiger daherkommen. Die vier Musiker auf der Bühne verstehen sich fast blind, und das merkte man auch in Berlin. Besonders die Harmonien von „Fitzpleasure“ passten komplett und hüllten die Halle in ein Gewand, aus dem kein Besucher heraus kam. Der Gesang, die Harmonien und die Beats fungierten sehr gut miteinander und machten alle Lieder unvergesslich. Die Massen vor der Bühne sangen bei allen Liedern mit und ließen sich selbst bei den tiefsten Tönen, die die Arena Berlin je hörte, nicht beirren.

Im Gegensatz zu den meisten Konzerten, die alt-J in Deutschland schon gespielt haben, legten sie bei der aktuellen Tour viel Wert auf die Lichtgestaltung. Die komplette Show war von vorne bis hinten überraschenderweise genau durchdacht. Bei manchen Liedern standen die Musiker nur in einer Farbe gehüllt, bei anderen ließen sie die Videowand hinter sich als Licht arbeiten. Die Lichtshow war ein spektakuläres Erlebnis und untypisch für alt-J, die meistens minimalistisch arbeiten.

Als erste Zugabe des Abends kam „Hunger Of The Pine“, die erste Single des letzten Albums. Live wirkt dieses Lied noch besser als auf Platte. Die Samples und das brachiale Surren sind so perfekt miteinander verwoben, dass die Zuschauer sehr schnell von der Live-Qualität überzeugt waren.

Der alt-J-Kosmos funktioniert wie ein perfektes Uhrwerk. Jeder Ton und jeder Tempowechsel scheint zu sitzen. Dies machte nicht nur „Hunger Of The Pine“ zu einem Erlebnis, sondern auch „Breezeblocks“. Es war nicht nur das letzte Lied, sondern auch für Band und Zuschauer ein perfekter Abschluss. Die Debütsingle liegt allen in der Halle im Ohr. Gefühlt jeder kannte den Text und das machte diesen Schlusssong zum besten Moment des ganzen Abends.

In musikalischer Hinsicht zeigten alt-J einmal mehr, dass sie absolute Perfektionisten sind. Die vier Engländer spielen ihre Instrumente nahezu einwandfrei und machen auch so keine Fehler.

Alt-J schafften es mit ihrer Musik am gestrigen Abend, den wundervollen Festival-Sommer noch einmal aufleben zu lassen. Mädels, die auf den breiten Schultern von Typen sitzen, glückliche verschwitzte Gesichter in der Menge und Menschen, die ausgelassen am Rand tanzen – November ist der neue Juli.

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