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Zella Day – Kicker

Berglandschaften müssen nicht immer zum Rock inspirieren. Die hügelige Aura von Arizona hat im Falle der 20-jährigen Senkrechtstarterin Zella Day jedenfalls zu recht gefälligem Elektro-Pop geführt. Ohne Sturzgefahr. Und mit genug Wegweisern. Denn an „Kicker“, dem Debüt der US-Songwriterin, war gleich ein Produzenten-Duo beteiligt.

Xandry Barry und Wally Gagel wissen genau, wo es mit Zella hingehen soll, die schon früh mit dem Texten begann. In den Capitol Studios gab es genug Instrumentierungsoptionen, um den zwölf Kompositionen ein breites Soundgewand umzustülpen: Von Orchester-Mänteln und vollen Rock-Kapellen bis hin zu satten Bässen. Man muss sich in der weiblichen Songwriter-Szene eben auch durchsetzen.

Alles scheint schließlich schon besetzt. Um den Thron der Pop-Melancholikerinnen kämpfen bereits Lykke Li und Zola Jesus. Um die Eleganz-Spitze Florence + The Machine sowie Lana Del Rey. Und die Country-Lorbeeren hat sich unlängst Taylor Swift geschnappt. Zella probiert sich nahezu in allen Gefilden. Das macht „Kicker“ abwechslungsreich, lässt aber auch ein wenig den nicht unwichtigen Wiedererkennungswert missen.

Der Opener „Jerome“ erinnert nicht nur namentlich, sondern auch stilistisch stark an den melancholischen, aber nie überspannten Sound von Lykke Li. „1965“ gibt sich ganz in Florence-Erhabenheit und „Hypnotic“ gelingt sogar ein nicht-peinliches Country-Gitarren-Riff (wie auch im akustischen „Jameson“).

Leider überspannen andere Momente den Bogen. „High“ will im wahrsten Sinne des Wortes hoch hinaus auf den Pathosberg und scheitert schon auf halber Höhe an den überzuckerten Killers-Gitarren. Da kann auch die stimmliche Kondition der jungen Bergsteigerin nichts mehr ausgleichen. Auch das mit Streichern bestückte „Ace Of Hearts“ reiht sich in Sachen Überproduktion ein, deren Strukturmuster leider schnell durchschaubar wird. Die Rhythmuswechsel und pompösen Arrangements in allen Ehren, doch sie lassen der Sängerin schlichtweg zu wenig Raum, um sich stimmlich ganz entfalten zu können.

Zum Glück sind auf den Songs der B-Seite weniger Tonspuren aktiv. „Shadow Preachers“ und „Sweet Ophelia“ gehören zu der Sorte gediegeneren Elektro-Pops, von der man sich insgeheim mehr gewünscht hätte. Das reduzierte Klangbild auf dem Schlusstrack „Compass“ erlaubt es Zella dann auch wieder, stimmlich mehr Varianz zu wagen. Das klappt erstaunlich gut und macht wahrscheinlich auch der Protagonistin selbst am meisten Spaß.

Die macht eigentlich schon alles richtig. Nur sollte sie beim nächsten Berg-Trip noch mehr ihrem Bauchgefühl  vertrauen und die Routen einfach mal selbst vorschlagen. Wirklich spannend wird es nämlich erst, wenn man den einen oder anderen Wegweiser auch mal ignoriert.

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