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Melvins – Working With God

Verlässlich auf jeder neuen Melvins-Platte platziert, sind jene musikalischen Winkelzüge, mit denen die Post-„Gluey Porch Treatments“-Ausgaben clever allen Abnutzungserscheinungen aus dem Weg gehen.

„Working With God“ wartet dato weder mit zwei Bassisten noch mit zwei Schlagzeugern auf, auch zwei Gitarristen waren nicht vorgesehen, ebenso wenig die ellenlangen Nummern, die nie vor zweistelliger Minuten-Laufzeit zurückschreckten.

Selbst die sonst nicht unüblichen Schulterschlüsse mit Musiker-Kollegen, allseamt Brüder im Geiste, die King Buzzo und seinen Mitstreitern über die Jahre zur Hand gingen, um ihren Sound auf neue Level zu heben, fallen aus.

Nach dem 2013er „Tres-Cabrones“-Album ist „Working With God“ die zweite Platte, die im 1983er Line-up mit Buzz Osborne an Gitarre und Mikro, Dale Crover am Bass und Mike Dillard in der Schießbude, aufgenommen wurde, und trotzdem – vielleicht auch gerade deshalb – zum authentischen Melvins-Filtrat wird.

Das Ergebnis jedenfalls rechtfertigt vollends den logistischen Aufwand (Osborne und Crover sind in Los Angeles, Dillard am Geburtsort der Band, Montesano, Washington, ansässig), der für die Aufnahmen betrieben werden musste.

Die Meister aller Lautstärke-Klassen klingen, wie die Frisur vom Leader aussieht: mittlerweile ein paar graue Strähnen mehr, aber ansonsten wild, wirr und energetisch wie vor Jahrzehnten, wovon bereits die weit vorab eingeschlagenen Brückenköpfe „I Fuck Around“, „Bouncing Rick“, „Caddy Daddy“ und „The Great Good Place“ kündeten.

Klang der erstgenannte Song, dem im Band-Nacken ansässigen Schalk alle Ehre machend, noch wie ein Adoleszenten-Scherz auf Beach Boys-Kosten, bouncte der Rest zwischen Sludge-Punk, Hardcore-Fetzen und doomigem Stoner-Rock herum, sich der sortenreiner Zuordnung wie üblich entziehend.

Die Riffs fahren Achterbahn, der Bass grummelt gefährlich, die Drums treiben vorwärts, zwischen knalligen Brechern mit Industrial-Attitüde und durchaus melodie-affinen Stücken ist unter anderem zu erfahren, welche Probleme „Brian, The Horse-Faced Goon“ hat und brüllt „Fuck You“ ein 11-Sekunden Statement heraus, welches die fast 40-jährige-Historie exakt auf den Punkt bringt.

Mit „Goodnight Sweetheart“ schicken die Melvins ihr Publikum mit einem angenehmen Tinnitus ins Bett.

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