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Ich wollte einfach die komplette Bandbreite nutzen – Julia Stone im Interview

Als liebreizender Part des schmusefolkigen Geschwister-Duos Angus & Julia Stone verkörpert Letztgenannte die ultimative Laszivität. Gesegnet mit einer schluchzenden Schlafzimmerstimme gehört Julia Stone in ihrer Heimat Australien nun schon seit über einer Dekade zu den Superstars der Singer/Songwriter-Szene. Im Alleingang unterwegs kann die Sängerin, ähnlich wie ihr zotteliger Bruder Angus (Dope Lemon), aber auch anders. Auf ihrem neuen Soloalbum “Sixty Summers” drückt Julia Stone auf den Elektro-Pop-Buzzer. Vor der Veröffentlichung des Longplayers trafen wir uns mit der Songwriterin aus Down Under zum Interview und sprachen über Entstehungsprozesse, musikalische Metamorphosen und Kollabo-Highlights.

MusikBlog: Julia, die Veröffentlichung deines letzten Soloalbums liegt nun schon acht Jahre zurück. Das ist eine ziemlich lange Zeit. Warum war jetzt der richtige Zeitpunkt für deinen zweiten Studioalleingang?

Julia Stone: Um ehrlich zu sein, gab es da gar keinen festgelegten Fahrplan. Als ich die ersten Songs für dieses Album schrieb, stand eine Albumproduktion gar nicht im Raum. Die Entstehung der ersten Skizzen und Demos liegt ja auch schon einige Jahre zurück. Damals ging es mir nur um den Spaß und die Freude am Songwriting. Die Vorstellung, dass das alles auch in einem neuen Soloalbum münden könnte, reifte erst viel später.

MusikBlog: Thomas Bartlett (alias Doveman) war in dieser Entwicklung maßgeblich beteiligt, richtig?

Julia Stone: Ja, das stimmt. Thomas hat das ganze Projekt quasi erst ins Rollen gebracht. Wir waren damals in New York unterwegs, und während dieser Zeit habe ich einige Songideen gehabt und auch festgehalten. Thomas hat mich da nicht nur begleitet, sondern auch tatkräftig unterstützt. Irgendwann wurde dann klar, dass sich da viele unterschiedliche Songs angesammelt hatten, die auch mal eine andere Seite von mir zeigten. Als wir dann 30 Stücke zusammen hatten, kontaktierte Thomas die wunderbare Annie Clark (bekannt als St. Vincent), und fragte, ob sie nicht Lust hätte, ein Teil des ganzen Projektes zu werden. So baute sich das dann alles mit der Zeit auf.

MusikBlog: Nach welchen Kriterien habt ihr dann letztlich die Tracklist zusammengestellt?

Julia Stone: Annie hat sich alles angehört und die Songs rausgefiltert, an denen sie unbedingt arbeiten wollte. Ich hatte natürlich auch meine Favoriten. Auch Thomas war involviert. Mir war am Ende wichtig, dass wir eine bunte Mischung haben. Das haben wir dann auch gut hinbekommen. Ich wollte einfach die komplette Bandbreite nutzen. Poppige Songs, ruhige Songs, tanzbare Songs: Schlussendlich sollte ein farbenfrohes Ganzes entstehen, das mich auch mal von einer anderen Seite zeigt.

MusikBlog: Du hast das Album nach einem Song benannt. Welche Geschichte steckt hinter dem Song “Sixty Summers”?

Julia Stone: Zunächst einmal: Der Song hieß ursprünglich “Better Like This”. Annie kam damals zu mir und fragte mich, was genau ich mit diesem Song ausdrücken will. Ich erzählte ihr dann von einer engen Freundin, mit der ich früher viel unterwegs war. Jeden Sommer verbrachten wir unzählige Nächte in Bars und Clubs. Einmal standen wir gemeinsam auf der Tanzfläche, als sie mich umarmte und mir plötzlich sagte: “Uns bleiben nur noch sechzig Sommer!”

Ich weiß nicht, ich hatte bis dahin noch nie groß über die Dauer meines Lebens nachgedacht. Ich glaube, es ging in diesem Moment gar nicht um eine traurige Voraussicht. Es ging viel mehr um den Moment und um das Genießen im Hier und Jetzt. Annie war von der Tiefe der Story ganz berührt und meinte dann: “Dieser Song heißt nicht “Better Like This”. Dieser Song heißt “Sixty Summers!”. Naja, und so habe ich ihn dann umbenannt. Der Song bedeutet mir unheimlich viel, musikalisch und natürlich auch inhaltlich.

MusikBlog: Thomas Bartlett, Matt Berninger, Annie Clark: Du hast für dieses Album mit spannenden Persönlichkeiten kollaboriert. Welche Zusammenarbeit hat dich denn am meisten beeindruckt?

Julia Stone: Ich verbinde mit allen Beteiligten tolle, intensive und unvergessliche Erinnerungen und Erfahrungen. Thomas ist jemand, der mit viel Liebe und Leidenschaft arbeitet. Er hat mich immer unterstützt, mich gepusht und mir jederzeit ein positives Gefühl gegeben. Er war wie ein Seelenverwandter. Mit Annie war es ähnlich. Sie ist so clever, talentiert und fokussiert. Mit ihr in ihrem Studio in Los Angeles zu arbeiten war unglaublich. Es war ja meine erste Zusammenarbeit mit einer weiblichen Produzentin. Da waren schon eine ganz besondere Kraft und eine ganz besondere Atmosphäre präsent. Das war extrem inspirierend. Und mit Matt war es so, dass ich einfach totaler Fan bin. Mit ihm zusammen den Song “We All Have” aufzunehmen, das war schon ein besonderes Highlight.

MusikBlog: Es gibt auch ein paar tolle Videoclips zum neuen Album. Für den Clip zum Song “Dance” habt ihr sogar die beiden US-Superstars Danny Glover und Susan Sarandon verpflichten können. Wie kam es denn dazu?

Julia Stone: Das war auch so eine unglaubliche Geschichte. Eigentlich wollten wir das Video ja in Paris drehen. Aber dann kam Corona dazwischen, und wir mussten kurzerhand umdisponieren. Gemeinsam mit Jessie (Jessie Hill, Video-Produzentin) haben wir dann in Amerika nach passenden Charakteren für den Clip gesucht. Wir wollten eine aufkommende Verliebtheit im hohen Alter thematisieren. Das war der Hintergrund. Jessie und ich hatten dann ziemlich schnell Danny Glover auf dem Schirm. Der hat dann auch überraschenderweise sofort zugesagt. Es wurde aber noch verrückter. Wir fragten ihn dann, wen er sich denn als weiblichen Part vorstellen könnte, und er brachte dann den Namen Susan Sarandon ins Spiel. Die hat dann auch sofort zugesagt, und plötzlich hatten wir zwei absolute Megastars mit an Bord. Das war schon ziemlich irre.

MusikBlog: Nicht zwingend irre, aber sicher nicht weniger spannend als eine Kollaboration mit Danny Glover und Susan Sarandon klingt die Idee von einem Soundtrack aus der Feder von dir und deinem Bruder Angus. Der hat uns nämlich bei unserem letzten Dope Lemon-Interview verraten, dass da etwas geplant sei. Wann erfahren wir diesbezüglich Näheres?

Julia Stone: (lacht) Ja, da steht etwas im Raum, über das ich allerdings noch nicht viel sagen kann. Wir müssen mal schauen, wie es die nächsten Wochen und Monate generell so weitergeht. Jetzt habe ich erst einmal mit meinem Album zu tun. Angus und ich, wir beide haben uns auch neben unserem Home-Projekt eine musikalische Welt aufgebaut, die wir ausbauen und weiterentwickeln wollen. Ich habe jetzt ein Album fertig, mit dem ich auch gerne auf Tour gehen würde. Diese Planungen haben jetzt erst einmal Vorrang.

MusikBlog: Vielen Dank für das Interview.

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