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Robert Levon Been (BRMC) – The Card Counter

Bereits vor knapp 20 Jahren arbeitete Robert Levon Been mit dem Regisseur Paul Schrader zusammen – wenn auch eher indirekt: Sein Vater und Filmkomponist Michael Been ließ ihn gelegentlich am Soundtrack von Schraders 1992er Streifen “Light Sleeper” mitwirken.

Zwar waren die Beiträge des damals noch pubertierenden und rotznäsigen Robert zu den Stücken meist eher schlecht als recht und der Regisseur fragte sogar, ob der Vater sich nicht bessere Musiker leisten könne. Jedoch schließt sich mit der Musik zu “The Card Counter” nun der Kreis zwischen dem jetzt erwachsenen Been und Schrader.

Nach einer langjährigen und äußerst erfolgreichen Karriere mit Black Rebel Motorcycle Club, die einige echte Perlen im Bereich des bluesigen, knarzenden Garage-Rock gezaubert hat, trat der Filmemacher erneut an den nun durchaus etablierten Künstler heran, der tatsächlich auch zwischenzeitlich mehr Erfahrungen im Vertonen von Filmen sammelte: Mit seinem Motorcycle Club schrieb er die Musik zur 2013er schwarz-humoristischen Zombie-Komödie “Life After Beth”.

Schraders “The Card Counter” ist dagegen allerdings ein ungleich subtileres und düstereres cinematisches Kaliber – weswegen der Film über einen Ex-Militär und jetzt zwielichtigen Glücksspieler, den seine Vergangenheit einholt, einer ebenso mysteriösen wie unterschwelligen Untermalung bedarf.

Been stößt dafür in für ihn nicht gerade gewohnte Gefilde vor: Statt rauem Blues-Rock sind es eher Dark-Wave, Post-Rock und Trip-Hop, mit denen der Musiker spielt.

Elektronische Schwaden schweben ständig um die Ohren, legen sich breit über die Songs, bilden zwischendurch auch im Alleingang kurze, geheimnisvolle Interludes – mal etwas hoffnungsvoller und leichter, dann auch wieder als tonnenschweres und tiefschwarzes Synth-Geblubber.

In den tatsächlichen Songs wandelt der Sänger seine Stimme vom coolen Sonnenbrillen-und-Lederjacken-Geraune seiner Hauptband in ein verstörtes, erschöpftes Säuseln um. Ein passender Wechsel, findet man doch ebenfalls statt Gitarren-Riffs eher ein digitales, wie emotionales Ödland in den Instrumentals vor.

Trotz der sphärischen Sounds strahlt der Soundtrack Kälte und Klaustrophobie aus. Hört man genau hin, mag man meinen, Been hätte vor dem Schreiben stundenlang Radiohead und Massive Attack in Dauerschleife gehört.

Genauer gesagt ist es die Verzweiflung, die aus den Reibereien zwischen akustischen und elektronischen Welten, zwischen menschlichem Versagen und digitaler Höllenwelten resultiert, die die Songs antreibt und langsam, aber stetig und unausweichlich in den dunklen Klangstrudel zieht.

Dazu gehören auch die wenigen optimistischen Momente, die doch noch ein wenig Gitarrenmusik zulassen, die Elektro-Weiten etwas zurückdrängen und in Schach halten, jedoch genau das bleiben: wenige Momente.

Vielleicht ist es der Hintergedanke, nicht unbedingt die eigene Gefühlswelt in Töne fassen zu müssen, die zu solch einem andersartigen Werk in Beens Karriere sorgt. Vielleicht war es für den Musiker auch einfach befreiend, sich von lange etablierten Strukturen lösen und einfach frei von der Leber weg drauflos experimentieren zu können.

Deutlich macht der Soundtrack zu “The Card Counter” allerdings, welchen kreativen Weg der Musiker hinter sich hat. Solch existenzialistische, verzweifelnde Töne ist man von Been nicht gewohnt – allerdings fühlt es sich an, als hätte er in den vergangenen 30 Jahren nie etwas Anderes gemacht. Hoffentlich bleibt dies nicht sein letzter Soundtrack.

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