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Saint Etienne – I’ve Been Trying To Tell You

Die britische Indie-Institution Saint Etienne stellt fast punktgenau 30 Jahre nach dem Debüt „Foxbase Alpha“ ihre zehnte Album-Ausgabe ins Plattenregal.

Da Corona nach neuen Produktionswegen verlangte, musste der „Home Counties“-Nachfolger getrennt eingespielt werden (Pete Wiggs in Hove, Sarah Cracknell in Oxford und Bob Stanley in Bradford), was dem von Wiggs und Co-Produzent Gus Bousfield final zusammengesetzten Produkt nicht anzuhören ist.

„I’ve Been Trying To Tell You“ gilt als “a concept album about optimism, nostalgia and the late nineties” wie es das Trio selbst zusammenfassend beschreibt. Ein Album, mit dem sie versuchen, in Musik einzufangen, was zwischen 1997 und 2001, beginnend mit dem Sieg der Labour Party bei den britischen Unterhauswahlen bis hin zu 9/11, die Menschen im Empire und der Welt bewegte.

Vordergründig geht es weniger um konkrete Ereignisse als mehr um die Schwingungen dieser Jahre, als die geopolitische Leichtigkeit der Eingangs-Neunziger langsam dem Gefühl einer sich ankündigenden Veränderung wich, die neben allem Optimismus auch ein latentes Unbehagen schürte.

Für die aus ihrer Erinnerung abgerufenen Analyse des Zeitgeistes nehmen sich die ohnehin im Downtempo beheimateten Saint Etienne die Zeit und das Equipment, welches für die Aufarbeitung dieses Betrachtungszeitraumes nötig ist, setzen „Music Again“ dabei zum Auftakt auf den magisch-spielerischen Effekt des elektrischen Cembalos.

Die Arrangements werden im weiteren Verlauf durch dezente Samplereinlagen mit den Stimmen und Sounds des betrachteten Zeitraums durchflutet, wird die Repetition in „Pond House“, in dem Cracknell zu einem hypnotischen Dub-Bass immer wieder mit „Here it comes again“ die Erinnerung triggert, Mittel zum Zweck.

Die Stimmung von “Fonteyn” kommt Traumsequenzen aus David-Lynch-Filmen nahe, wird „Little K“ zu einem Stück Dream-Pop at its best, flattert der „Blue Kite“ instrumental durch melodiöse Schwerelosigkeit, schwelgt die Gitarrenlinie von „I Remember It Well“ in bittersüßer Melancholie wie „Penlop“ ein wenig Bristol-Trip-Hop transportiert.

Aus verblassten Bildern zelebrieren die Londoner eine Retrospektive, der demnächst ein gleichnamiger Film folgen wird.

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