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Biffy Clyro – The Myth Of The Happily Ever After

Man hatte Angst um Biffy Clyro. Mit Alben wie „Ellipsis“ hatte man zwischenzeitlich die Befürchtung, dass die Schotten auf dem Raumschiff ihrer Kollegen von Coldplay oder Mumford & Sons angeheuert haben und sie auf ihrer sinnentleerten Reise gen banaler Discohölle mitten ins Herz des Mainstream begleiten.

Aber schon mit ihrem letzten Album „A Celebration Of Endings“ haben sie sich die Fallschirme für den vorzeitigen Absprung umgeschnallt, um nur 14 Monate später mit „The Myth Of The Happily Ever After“ die Flugzeugklappe zu öffnen und sich im freien Fall wieder ihren verdienten Platz als ewigem Chamäleon zwischen frickeligem Alternative-Rock und hymnischen Pop-Melodien zurückzuerobern.

Als Beweis dafür muss man sich nur „Unknown Male 01“ anhören. In gut sechs Minuten spielen sich Biffy Clyro hier nicht nur durch diverse Genres, sondern gefühlt auch einmal komplett durch ihre Karriere.

Zu melancholischen Orgelklängen setzt sich Simon Neil mit unaufgeregter Stimme und Zeilen wie „You think if you call someone / The devil’s gonna leave (…) They’ll help you to understand / The devil never leaves“ mit dem schwierigen Thema des Suizids auseinander und zögert nicht davor, auch in seine eigene Psyche zu schauen und festzustellen, dass manche Dämonen eben nie ganz verschwinden, egal wie hart man daran arbeitet.

Wenn man sich nach den ersten zwei Minuten schon im gemütlichen Balladen-Hafen angekommen sieht, zerpflücken Biffy Clyro mit einem perkussiven Breakdown und wuchtigen Gitarrenwänden anschließend die Ruhe, während Neil immer wieder keift statt singt, nur um dann doch wieder die Kurve zu kriegen und den melodischen Gegenpart zum kantigen Instrumentarium zu bilden.

Spätestens beim letzten Song „Slurpy Slurpy Sleep Sleep“ ist die unmittelbare Verbindung zum Vorgänger nicht mehr von der Hand zu weisen, endetete „A Celebration Of Endings“ doch ebenfalls mit einem Sechsminüter. Dessen Titel „Cop Syrup“ ist mit Sicherheit kein Zufall.

In Sachen Durchgeknalltheit legt „Slurpy Slury Sleep Sleep“ nicht nur vom Songnamen her noch eine Schippe obendrauf, sondern auch bezüglich des Sounds. Ein elektrisierter Neil, der über verzerrten Synthie-Flächen Takt für Takt eine größere Roboter-Armee erschafft, die innerhalb von weniger Sekunden nicht nur auf wilde Gitarren, sondern auch auf singende Streicher trifft, was Neil zum Schreien veranlasst. Und das ist gerade mal die erste Hälfte des Songs.

Klingt verrückt? Ist es auch. Was für ein Glück, dass Biffy Clyro ihre Experimentierfreude wieder gefunden haben und auf „The Myth Of Happily Ever After“ neben eingängigen und eher weichgespülten Songs wie „Seperate Missions“ oder „Existed“ genügend Platz für kantige Abenteuer ist.

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