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Casper – Live im Carlswerk Victoria, Köln

Am besten beschreibt man den gestrigen Samstagabend im Kölner Carlswerk Victoria mit Caspers eigenen Worten: Diagnose, Euphorie.

Dass das Publikum heiß ist, merkt man schon vor dem ersten Song. Der alte Wheatus-Klassiker „Teenage Dirtbag“, der während des Wartens im Hintergrund vom Band läuft, wird schon in voller Lautstärke mitgesungen und anschließend von fordernden Casper-Chören abgelöst.

Wer im richtigen Winkel zur Bühne steht, sieht, dass Casper sich zu der Titelmusik von „ET“, die als Intro fungiert, am Aufgang zur Bühne noch locker einjoggt, bevor er als letzter Mann seiner mehrköpfigen Band zu den live gespielten Celloklängen von „Alles war schön und nichts tat weh“ die Bühne betritt und erstmal im Gekreische badet.

Was folgt, sind zwei Stunden pure Energie, denn nur die wenigsten Momente steht Casper ruhig an dem blumenbehangenen Mikroständer. Stattdessen stürmt er von links nach recht, tritt in die Luft, reißt die Arme in die Luft oder springt mit dem Publikum direkt „bis zur Decke“.

Bei Songs wie „Adrenalin“, „So Perfekt“ oder „Supernova“ wird es Casper nicht müde, den Zuschauern immer wieder einzuheizen und so gehen zu „Sirenen“ ganz selbstverständlich alle in Deckung, bevor zum letzten Refrain nochmal richtig ausgerastet wird. Aber nicht ganz ohne Vorsicht.

„Ich will natürlich die wilden Moshpits sehen, aber wir müssen alle ein bisschen aufeinander acht geben. Wenn euch schwindelig wird, sagt eurem Nachbarn Bescheid. Und wir machen hier auch keine Mackerscheiße. Die Frauen dürfen auch mitmachen, passt eben ein bisschen auf“, lautet eine der wenigen Ansagen von Casper.

Bei „Hinterland“ findet das Publikum gar kein Ende mehr und singt minutenlang einstimmig den „Oh-oh-oh”-Chor in Perfektion. Immer wieder gibt Casper einzelnen Publikumsbereichen den Einsatz und selbst danach lassen die Kölner sich nur mit einem mehrfachen „Danke“ zum Schweigen bringen. „Das war ein ganz besonderer Moment gerade“, findet sicher nicht nur Casper.

Aber es gibt nicht nur kollektives Ausrasten, sondern auch ruhige Momente. Ein solches Highlight ist „Fabian“, der als letzter Song das reguläre Set beendet. Hier und da werden sich zu der Geschichte um Caspers krebskranken Freund verstohlen Tränchen aus dem Augenwinkel gewischt und in diesem Setting findet man die Chöre zu „I’m coming home / Stärker als der Tod“ nicht mehr zu kitschig, sondern stellt einmal mehr fest, was Casper für ein großartiger Songwriter ist.

Auch von einem verpatzten Einsatz, der mit der druckvollen Liveband die absolute Ausnahme bleibt, lässt der gebürtige Bielefelder sich nicht aus dem Konzept bringen: „Sorry, das ging auf meine Kappe. Ihr seid jetzt alle geblitzdingst, das ist grade gar nicht passiert. Dreht euch alle mal um. Genau. Und jetzt ist das Ende des letzten Songs und wir machen das einfach nochmal von vorne.“ Den Gefallen tut ihm das Publikum gerne und verfällt prompt wieder in Applaus und Gejohle.

Und als Casper den Abend mit „Jambalaya“ als Zugabe zu den Zeilen „Er darf (…) / Tun was er will (…) / So groß kann den Himmel berühr‘n / Also Prost, es wird nie mehr so wie früher“ beendet, kann man nur bereitwillig zustimmen.

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