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WhoMadeWho – UUUU

Einige Jahre ist es nun her, dass WhoMadeWho mit ihrer eigenen Relevanz rangen: Die große Indietronic-Zeit ist Mitte der 2010er längst vorbei, die Helden dieser Ära verschwinden reihenweise oder sehen sich still und leise anderweitig um.

Tomas Høffding, Jeppe Kjellberg und Tomas Barfod sehen das Ende der Hochphase allerdings eher als Freifahrtschein – das Trio hat nun nichts zu verlieren. Diese radikale Freiheit durchtränkt das 2018er Album “Through The Walls“: Die Band wandelt sich von Indie-Darlings, die man gerne mal auf Festivals nebenbei mitnimmt, zu introspektiven Soundkünstlern.

Seitdem geht es für WhoMadeWho in immer tiefere elektronische Klangkästhetiken, in ätherische und emotionale Ebenen, die sich die Band vor zehn Jahren, geschweige denn bei der Bandgründung 2003, noch nicht erträumen konnte.

Zum Tanz laden Høffding, Kjellberg und Barford zwar immer noch, jedoch ist das Ziel nicht mehr die bloße Aneinanderreihung von Hochgefühlen, sondern die Ergründung der eigenen Existenz und der intrinsischen Gefühlswelt durch neuartige Klänge.

Nachdem sich das 2020er Projekt “Synchronicity” dieses Ziel durch die Kollaboration mit verschiedenen Künstler*innen und die Zusammenführung diverser Inputs in einem Album annäherte, legen WhoMadeWho mit “UUUU” nun wieder größtenteils selbst Hand an. Hilfe bekommt das Trio lediglich vom Berliner Produzent Rampa.

Da ist der Opener “The Fall” noch eines der handwerklich organischsten Stücke der Platte: Ein echtes Schlagzeug tastet sich vorsichtig vor, während die Synthesizer minimalistische Akkorde hinlegen – für das Stück scheinen WhoMadeWho in James Blakes Frühphase gekramt zu haben.

“Minimal” bleibt auch für den Titeltrack der Platte das richtungsweisende Stichwort, denn der sechsminütige Track geht auf Reisen, die leise anfangen, den Beat liebevoll umkreisen, sehnsüchtig an- und daraufhin melancholisch wieder abschwellen.

Hypnotische Gesänge komplimentieren die nahezu post-rockige Art des Songaufbaus: Neben hauseigenen Vocals ist auch Gastsängerin Kat Frankie mit ihrer festen, träumerischen Stimme zu bewundern.

Die Band sucht in verschiedenen elektronischen Richtungen nach sich selbst und findet sich zwischen entspanntem House, düsterem Synth-Pop und sanften Industrial-Einflüssen wieder. Mit langen Intros wie etwa bei “Ojo De Agua”, das ein herzzerreißendes Klavier einfach zwei Minuten walten lässt, versteht es die Band, eine ganz neue Qualität an musikalischen und emotionalen Höhepunkten zu schaffen.

Das Grundgerüst des Albums stellt sich aus schwebenden, halligen Synth-Spuren zusammen, die für dichte Atmosphären sorgen und nur noch gelegentlich von ebenfalls sehr halligen und verwaschenen Gitarren unterstützt werden.

WhoMadeWho lassen sich mit ihren Songs Zeit, schichten sie behutsam auf und treffen damit unverhofft auf große Gefühle zwischen wärmender Hoffnung und Gänsehaut induzierender Traurigkeit, gegen die man nur allzu gerne antanzen möchte.

“UUUU” navigiert sich dabei allerdings auch beschwingt an kopflosen, feierwütigen Raves vorbei und lässt sich dort nieder, wo Herz und Verstand am gleichen Strang ziehen.

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