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The Range – Mercury

Nostalgie ist in der heutigen Popkultur- und Medienlandschaft eine der treibenden Kräfte schlechthin. Quasi alles, was mit den 80ern assoziiert ist, verwandelt sich in Gold, die 90er erleben mittlerweile ebenfalls ihr groß angelegtes Revival und sogar die 00er Jahre werden vereinzelt von der Generation Z gefeiert. Gruselig für Menschen in ihren 30ern.

Auch vor James Hinton alias The Range macht der sehnsüchtige Blick zurück nicht Halt: Das dritte Album des New Yorker Produzenten und DJ führt zurück in die Elektro-Welt der 90er und fühlt sich dort sichtlich wohl.

Das ergibt Sinn in seinem musikalischen Schaffen, denn in dem Jahrzehnt ist Hinton aufgewachsen. Mit seinem persönlichen Coming-Of-Age-Sound befasste er sich zuvor allerdings noch nie so intensiv.

Doch von Anfang an: Kern von The Range sind unkonventionelle Samples, die zwischen den lieblichen Umarmungen von Trance, Grime und und Synth-Pop ihr Potenzial erkunden. Die Debütplatte “Nonfiction” war noch durchdrungen von Feldaufnahmen, Sounds aus der Stadt und Gesprächsfetzen. Für “Potential” von 2016 suchte Hinton sich seine Klangschnipsel von mehr oder minder musikalischen Menschen aus sozialen Netzwerken, die weit von den großen – oder sogar mittelmäßigen – Klickzahlen entfernt waren.

Die Kunst des YouTube-Samplings verfeinert der Musiker auf “Mercury” nun weiter, wenn auch filigraner und mit mehr Melodien als zuvor. War der Vorgänger noch stärker auf Hip-Hop und Grime fokussiert, geht es hier eher um ätherische und gleichzeitig emotionale Momente.

Die Samples sind mehr gesungen als gerappt und bilden die Hooks von poppigen Trance-Tracks, die an die IDM-Welle der 90er erinnert. Raven lässt sich dazu hervorragend, Schwelgen und Träumen allerdings ebenso.

Hin und wieder drohen Songs in kitsichige Eurodance-Bahnen abzudriften, jedoch fängt sich der Sound schnell wieder und lenkt sich zurück zur Introspektion. Man fühlt die tiefe Verbindung zu Aphex Twin und Moby, bei denen sich The Range durchaus so einiges abgeschaut und weitergedacht hat.

Dabei kommt es vor, dass die Huldigung seines Sozialisations-Jahrzehnts der völlig freien Entfaltung eigener Soundkreationen im Weg steht und sich der Musiker darauf festbeißt, schlicht seine liebsten 90er-Synth-Klänge zu kopieren. Seine Songstrukturen bleiben dabei zwar genussvoll, allerdings verkommt die ästhetische Seite oft zu einem schlichten “Weißt du noch, die 90er”-Nostalgietrip.

Dennoch lohnt ein Durchlauf und auch vielleicht ein zweiter, einfach um die kunstvoll aufgestapelten Tracks ohne viel Grübeln zu genießen und sich, nostalgisch oder nicht, in verträumten Klangoasen treiben zu lassen. Damit überzeugt The Range auch auf dem dritten Album voll und ganz.

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