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Ich suche immer nach einem festen Plan – DC Gore im Interview

Einst sorgte Dominic Gore als ein Drittel des britischen Synth-Pop-Trios Little Cub für Aufsehen in der Pop-Branche. Nun wandelt der Londoner Musiker mit dem Faible für elektronische Vintage-Klänge auf Solopfaden. Mit seinem Debütalbum “All These Things” beglückt DC Gore all jene, denen die Namen Neil Tennant, Jarvis Cocker und Andy McCluskey mehr als nur geläufig sind. Wir trafen Dominic Gore kurz vor der Veröffentlichung seines ersten Soloschaffens zum Interview und sprachen über stressfreies Arbeiten, Songwriter-Herausforderungen und den Moment, der im Leben des Musikers alles veränderte.

MusikBlog: Dominic, in Kürze erscheint dein Solo-Debütalbum “All These Things”. Lass uns mit dem Albumtitel starten. Um welche “Dinge” geht es?

DC Gore: Nun, es geht um sehr viele Dinge, die sich – sowohl inhaltlich als auch auf den Sound bezogen – in diesem Titel vereinen. Das ganze Album ist sehr facettenreich. Die Themen wiegen mal schwer, dann gibt es aber auch leichtere Momente. Der Titeltrack “All These Things” war das letzte Puzzleteil. In dem Song spürt man auch eine hoffnungsvolle Haltung. Die Aussicht ist eher positiv. Ich wollte, dass diese Stimmung gleich als Titel präsent ist.

MusikBlog: Auf dem Cover sieht man das Bild eines Stegs, der ins offene Meer führt. Ist das ein besonderer Ort für dich?

DC Gore: Das ist ein Foto, das wir im Zuge der Konzeptfindung an der Südküste von England geschossen haben. Ich war damals mit meinem Manager unterwegs. Wir sind die Küste rauf und runter gefahren, und überall gab es diese kleinen Küstenstädte. Dort ist es wunderschön, nicht nur direkt am Meer, auch in den Städten und Dörfern gibt es unheimlich viel zu entdecken. Viele Einwohner dort versuchen, die Schönheit ihrer Heimat zu beschützen, in dem sie Fremden eher misstrauisch und abweisend begegnen. Da herrscht oftmals eine Post-Brexit-Atmosphäre, die irgendwie auch amüsant ist.

MusikBlog: Dein Album ist während der Hochphase der Pandemie entstanden. Wie hat sich das alles auf deinen Arbeitsprozess ausgewirkt?

DC Gore: Um ehrlich zu sein, für mich persönlich war das Arbeiten in Isolation und umgeben von Lockdown-Regeln gar nicht so schlimm. Ich bin jemand, der nicht so gerne im Studio abhängt. Das ist nicht der Ort, wo ich mich am wohlsten fühle. Natürlich wurden auch ein paar Sachen im Studio gemanagt, aber es ging natürlich unheimlich viel auch über virtuelle Pfade. Ich habe ja mit mehreren Leuten zusammengearbeitet. Die haben mir Dateien geschickt, die ich mir angehört habe, und so lief es auch anders herum. Das war sehr entspannt und mit sehr wenig Stress verbunden.

MusikBlog: Musikalisch erinnern deine Songs an Zeiten, in denen Bands wie die Pet Shop Boys, OMD und Pulp ihre größten Erfolge feierten. Was ist in deinen Augen das Besondere an dieser Ära?

DC Gore: Mir geht es eigentlich weniger um die Bands, auch wenn ich ein großer Fan all dieser Künstler bin und durchaus nachvollziehen kann, dass es da Verbindungen gibt. Mir geht es vor allem um das Songwriting dieser Zeit, das mich maßgeblich geprägt hat. Dabei spielt es gar keine so große Rolle, ob es um elektronische oder nicht elektronische Musik geht. Damals waren so viele verschiedene Branchen miteinander verbunden, wenn es um das Songwriting ging. Roxy Music, Kraftwerk, Tears For Fears, aber auch klassische Songwriter wie Bruce Springsteen: Wenn es um die elementaren Dinge des Songwritings ging, war ganz oft eine Verbindung zu erkennen. Das hat mich schon immer fasziniert. Und ich muss natürlich gestehen, dass mein erster bewusster Kontakt mit Musik ein Album von den Pet Shop Boys war. (lacht)

MusikBlog: Du warst vor deinem Solo-Start mit der Band Little Cub unterwegs. Warum hast du dich irgendwann für den Alleingang entschieden?

DC Gore: Manchmal entwickeln sich die Dinge einfach so. Der Unterschied zu einer Band ist aber gar nicht so groß, wie man vielleicht zuerst denkt. Ein Solo-Projekt ist niemals nur eine One-man-show. Es sind immer mehrere Leute involviert. Auch für mein Soloalbum habe ich mit vielen wunderbaren Künstlern zusammengearbeitet.

MusikBlog: Wenn du den Schreibprozess für einen Solo-Song mit dem für einen Band-Song vergleichst: Welcher ist herausfordernder?

DC Gore: Das Entscheidende ist, dass man am Ende des Prozesses alleine dafür verantwortlich ist, wohin die Reise geht. Taugt das Geschaffene für die große weite Welt? Oder sollte man das Ganze vielleicht nochmal überdenken? Diese Entscheidung trägt man als Solokünstler am Ende alleine. Da sind dann keine Kollegen mehr mit am Start, die dabei helfen. Ich bin froh, dass ich einige sehr gute Freunde in meinem Umfeld habe, denen ich auch musikalisch sehr vertraue. Wenn die mit dem Daumen nach oben zeigen, dann gibt mir das immer schon mal ein gutes Gefühl. Ich bin halt auch ein Künstler, der unheimlich selbstkritisch ist. Das ist manchmal nicht so einfach.

MusikBlog: Was ist noch nicht so einfach, wenn man als musizierender Künstler unterwegs ist?

DC Gore: Man sucht, wie in anderen Lebensbereichen auch, immer nach einem festen Plan, einer Struktur, einer Sicherheit, die einem das Gefühl gibt, dass man sich um das Wie nicht mehr kümmern muss. Aber diesen Plan gibt es leider nicht – zumindest nicht bei mir. Meine Songs entstehen immer in den unterschiedlichsten Situationen. Und die Art und Weise wie die Songs dann geformt werden, die folgt auch keinem Konzept. Das kann manchmal ganz schön anstrengend sein. Aber es ist auch irgendwie faszinierend und spannend.

MusikBlog: Text oder Musik: Was fliegt dir normalerweise zuerst zu?

DC Gore: Der ganze Prozess fällt mir definitiv leichter, wenn der Text als erstes steht. Dann kommt die Musik meist von selbst. Umgekehrt ist es immer schwieriger.

MusikBlog: Gab es einen persönlichen Wow-Moment in deinem Leben, in dem dir klar wurde, dass die Musik dich auch beruflich begleiten könnte?

DC Gore: Es gab einen Moment, mit dem alles anfing, zumindest auf der emotionalen Ebene. Meine Mutter starb, als ich noch sehr jung war, ich ging damals noch aufs College und fing gerade erst an, mich intensiv mit dem Musikmachen zu beschäftigen. Auf der Beerdigung spielte ich dann meinen ersten selbstgeschriebenen Song. Das war natürlich so schon ein höchst emotionaler Moment für mich. Aber neben der Trauer und den überwältigenden Emotionen war da auch die Erkenntnis, dass mir das Schreiben dieses Songs so unheimlich leichtfiel. Ab diesem Augenblick wusste ich, dass ich die Musik und das Schreiben von eigenen Liedern nicht mehr loslassen werde.

MusikBlog: Vielen Dank für das Interview.

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