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Editors – Live im Volkshaus Zürich

Die mittlerweile sechsköpfige Gruppe Editors ist so eine Band, bei der man in jeder Lebensphase das Gefühl hat, sie sei ein bisschen erwachsener als all die anderen ihres Genres. Vielleicht sind sie im Vergleich zu den anderen Nullerjahre-Indiebands ihrem Sound am treuesten geblieben, vergleicht man sie aber mit Bands, die heute die Szene bestimmen, muss man sich eingestehen: Ok, diese Jungs machen Musik für Erwachsene und ich bin einer von denen.

Dementsprechend fühlte sich auch der gestrige Abend im Volkshaus Zürich an. Das Publikum bestand mehrheitlich aus Mitte- bis Enddreißigern, die mittlerweile einem seriösen Beruf nachgehen, den aufregenden Zeiten, als die Skinny-Jeans noch passten, nachtrauern und sich die 70 Franken für ein gutes, aber nicht ausuferndes Konzert leisten können.

Pünktlich wie die Schweizer Uhren betraten die Editors um 21:00 Uhr die Bühne und legten gleich mit Material vom neuen Album “EBM” los. Man musste ja irgendwie befürchten, dass sie zuerst zeigen möchten, was sie heute können und die Banger von früher erst gegen Ende kommen.

Doch die ersten vier Songs fühlten sich tatsächlich etwas fremd an. Der neue Sound der Editors ist experimentierfreudig und stark geprägt vom “Violence“-Produzenten Blanck Mass – dem neuesten Mitglied der Band.

Dazu passte auch, dass das Publikum noch nicht ganz warm war (dauert auch etwas länger mit dem Alter). Trotzdem schienen die neuen Songs mit ihren elektronischen Einflüssen gut anzukommen. Zudem waren auch eingefleischte Fans anwesend, die wirklich jeden Song feierten, wie alle anderen sonst nur “Papillon”. Davon ließ man sich anstecken und der fünfte Song “Picturesque” von der neuen Platte mauserte sich gegen Ende zum ersten Highlight des Konzerts.

Tom Smith, der ewige Beau mit der Jahrhundertstimme und einer einzigartigen Mimik, gestikulierte in seinem schwarzen Kaftan wild auf der Bühne herum und brachte die sonst eher vorsichtigen Schweizer langsam zum Tanzen. Irgendwie erinnert er immer an eine dunkle Figur aus britischen Psychothrillern, bei denen man nie genau weiß, ob sie uns nun Gutes tun oder uns auf die Finger treten, wenn wir an irgendeiner Brüstung über der Themse hängen.

Dazu passte auch das wieder in die Setlist aufgenommene “In This Light And On This Evening”: “I swear to god I heard the earth inhale/Moments before it spat its rain down on me/I swear to god/In this light and on this evening/London’s become the most beautiful thing I’ve seen”, sang Smith und für kurze Zeit wurde das Volkshaus zum schönsten Ort der Welt, als der Song sein Gewitter über die Halle entließ.

Mit dem anschließenden “Sugar” vom etwas unterschätzten Album “The Weight of Your Love” näherte sich die Band langsam, aber stetig weiter ihrer Blütezeit an, bis dann endlich auch die alteingesessenen Fans auf ihre Kosten kamen. Mit “All Sparks” und “The Racing Rats” waren dann auch die letzten Schiebermützen tragenden Personen im Raum glücklich.

Das wohl prägnanteste Highlight des Abends war, als Tom Smith allein mit seiner Noel-Gallagher-Gibson-Akustikgitarre auch die Verliebten im Raum in ihrem Glück baden ließ. Im Gegensatz zu den Pöbelbrüdern aus Manchester brachte der propere Frontmann fast nur mit seiner Stimme den Saal zum Schweigen, Schwelgen und Zuhören.

Das Ende des Konzerts läutete Smith mit “Smokers Outside The Hospital Doors” ein. Dieser Song ist tatsächlich auch ein Song für die Ewigkeit. “We’ve all been changed/From what we were/Our broken parts/Smashed off the floor”, singt jede bis in die letzte Reihe, so dass man fast vergaß, dass man seit langem nicht mehr raucht – schon gar nicht vor einem Krankenhaus – weil das traurig ist und die melancholische Coolness leider nun anderen Leuten gehört.

Nach “No Harm” und “Strange Intimacy” ging die Band kurz hinter die Bühne, kam aber rasch wieder ins Scheinwerferlicht. Für die Zugabe wurden die Fanherzen mit “An End Has A Start” (clever), “Munich” (fantastisch) und “Papillon” (natürlich) gestreichelt.

Dem gibt es nichts hinzuzufügen, außer, dass diese Lieder einen daran erinnern, warum man sich trotzdem am Mittwochabend aus der renovierten Altbauwohnung getraut hat: Editors sind schlicht eine solide Indieband mit einem unglaublichen Gespür für Popsongs.

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