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Eine Monarchie ist mittlerweile doch aus der Zeit gefallen – Sorry im Interview

Mit Anfang 20 scheint im turbulenten London nicht jeden Tag die Sonne. Abseits der kunterbunten Metropolenwelt gilt es, sich zurechtzufinden, nicht durchzudrehen und seine eigenen Wege zu finden. Auf ihrem neuen Album “Anywhere But Here” rechnen die Damen und Herren von Sorry mit einigen Dingen ab. Die Heimatstadt London spielt dabei eine große Rolle. Kurz vor der Veröffentlichung des neuen Schaffens trafen wir uns mit Band-Kopf Louis O’Bryen und plauderten über den Staub der Monarchie, Strukturen der Vergangenheit und die Freude auf eine Zukunft ohne Restriktionen.

MusikBlog: Louis, die Queen ist tot, ganz England ist in Trauer. Wie geht es dir dieser Tage?

Louis O’Bryen: Oh, ich beschäftige mich eher weniger damit. Das ist nicht wirklich mein Thema.

MusikBlog: Hier in Deutschland erreichen uns aktuelle Bilder, die ein ganzes Land in Trauer zeigen. Ist dem nicht wirklich so?

Louis O’Bryen: Ich weiß, dass sich viele junge Menschen hier nicht wirklich mit dem Königshaus beschäftigen. Das ist eher ein Thema für die älteren Generationen. Dass die Queen jetzt tot ist, ist natürlich traurig. Aber wie gesagt, mich berührt das jetzt nicht so. Ich finde, dass eine Monarchie mittlerweile doch etwas aus der Zeit fällt.

MusikBlog: Die Monarchie, die Queen und das ganze Drumherum ist ganz eng mit eurer Heimatstadt London verbunden. Euer neues Album trägt den Titel “Anywhere But Here”. Spielt London diesbezüglich eine Rolle?

Louis O’Bryen: Der Titel basiert eigentlich auf einer Zeile in einem Song, den wir letztlich für das Album gar nicht berücksichtigt haben. Als sich die Thematik des Albums immer mehr herauskristallisierte, war da ein ziemlich düsterer Doomsday-Vibe vorhanden. Das Ganze hatte fast schon etwas Apokalyptisches, wenngleich ich aber auch sagen muss, dass ich in den Texten viel Positives und auch viel Hoffnung entdecke. Die Zeile passte aber irgendwie super zum Gesamtbild. Das Thema London spielt da natürlich auch mit rein. Wir kommen alle aus dieser Stadt. Wir leben und arbeiten hier. Ich kann mir auch nicht vorstellen, irgendwo anders zu leben. Und doch ist da auch eine große Müdigkeit zu spüren. Manchmal langweilt mich London einfach fürchterlich.

MusikBlog: Lass uns über den Sound des neuen Albums sprechen. Was war euch diesmal besonders wichtig?

Louis O’Bryen: Wir wollten ein Album aufnehmen, das strukturierter klingt. Dafür haben wir uns an einigen klassischen Songwritern der Siebziger Jahre orientiert. Damals war Struktur noch sehr wichtig. Dadurch klangen und wirkten auch Melodien irgendwie ganz anders. Wir haben diesmal versucht, die Songs schon vor dem Studioeintritt in ein helles Licht zu rücken. Beim ersten Album haben wir im Studio viel nachgearbeitet. Das wollten wir diesmal vermeiden. Man sollte das Gefühl haben, dass alles in einem ganz bestimmten Moment geschaffen und festgehalten wurde. Wir haben im Gegensatz zum ersten Album auch die meisten Tracks live eingespielt. Diesmal sind auch mehr Gitarren im Vordergrund. Das Elektronische rückt ein wenig mehr nach hinten.

MusikBlog: Du hast die klassischen Songwriter der Siebziger Jahre erwähnt. Wen genau habt ihr da auf dem Radar gehabt?

Louis O’Bryen: Das waren verschiedene Künstler. Randy Newman und Carly Simon beispielsweise. Aber wir haben nicht nur in die Vergangenheit geblickt. Wir hatten auch aktuellere Sachen wie Portishead auf dem Schirm. Wir waren einfach offen für strukturierte Musik.

MusikBlog: Portishead ist ein gutes Stichwort. Adrian Utley (Keyboarder von Portishead) hat euch bei der Produktion geholfen. Wie lief die Zusammenarbeit?

Louis O’Bryen: Das war ein großes Vergnügen. Adrian hat uns dabei geholfen, die alten Sound-Vibes von früher ins Hier und Jetzt zu transportieren. Man merkt einfach, dass er viel Ahnung hat von dem, was er tut und schon lange im Business dabei ist.

MusikBlog: Deine Band-Kollegin Asha Lorenz hat sich in einem Interview zur Corona-Zeit geäußert und erzählt, dass sie während der letzten zwei Jahre “ein bisschen verrückt” geworden sei. Was war denn für dich das Schlimmste?

Louis O’Bryen: Für mich war der erste Lockdown noch ziemlich spannend und aufregend. Man dachte sich, dass die Welt das schon zügig wieder in den Griff bekommt. Als aber dann klar wurde, dass uns das Ganze noch lange Zeit begleiten wird und ein Lockdown dem nächsten folgte, war ich irgendwann nur noch genervt. Der erste Corona-Winter war furchtbar. Das war ein sehr beängstigendes Gefühl damals.

MusikBlog: Ihr habt bisher noch kein Album ohne den Corona-Schatten im Hintergrund aufgenommen. Mittlerweile ist beinahe alles wieder beim Alten. Auf was freut ihr euch nun am meisten?

Louis O’Bryen: Wir haben nie wirklich erfahren, wie es sich anfühlt, wenn wir mit Leuten direkt über unsere Musik sprechen können. Das wurde uns in den vergangen zwei Jahren nahezu komplett genommen. Ich kann mich noch erinnern, als ich irgendwann mal in einem Supermarkt von einem wildfremden Menschen auf unser erstes Album angesprochen wurde. Das war ein total komisches Gefühl, das ich bis dato nicht kannte. Demnach freuen wir uns total auf die kommenden Konzerte und die Reaktionen der Leute. Wir wollen am Merch-Stand mit den Menschen über die Konzerte und unsere Musik sprechen. Das wird sicher toll werden. Versteh mich nicht falsch, ich lese gerne Online-Rezensionen. Das finde ich immer sehr spannend und aufschlussreich. Aber es geht doch nichts über eine reale Face-to-Face-Reaktion.

MusikBlog: Vielen Dank für das Interview.

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