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Rayland Baxter – If I Were A Butterfly

Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert – oder man macht es wie Rayland Baxter: Der Multiinstrumentalist aus Tennessee machte seine exzentrische Ader schon immer publik und musste sich dadurch auch ohne Skandale nie um Imageprobleme sorgen.

Das schlug sich in seiner Musik seit jeher in abenteuerlichen Geschichten nieder, die anfangs von lieblichem Folk country-esker Natur umsorgt waren und mit zunehmendem Voranschreiten der Karriere in breit gefächerten Genre-Experimenten landeten.

Straighter Pop? Natürlich. Psychedelic-Rock? Immer rein damit. Funk, Soul und Groove? Verschiedenste Einflüsse haben immer mehr Platz bekommen in Baxters Songs, die dennoch die Überladung mit einer riesigen Portion Lässigkeit umschiffen. Bisheriges Highlight war dabei seine 2018er Platte “Wide Awake“, die mit ihrer Eklektizität an Alternative-Pop-Weirdos wie Beck und Wilco erinnert.

Für sein viertes Album “If I Were A Butterfly” verkroch der Sänger sich zu Corona-Lockdown-Zeiten 2020 über ein Jahr lang in einer alten Gummibandfabrik, umgeben von Natur und Tieren – ein erleuchtendes Erlebnis: Mitten im Nirgendwo lernte Baxter viel über sein Handwerk und sich selbst.

Gerade letzteres war wichtig für den Musiker, der mit dem Tod seines Vaters während der Albumproduktion zu kämpfen hatte. Bucky Baxter war Pedal-Steel-Gitarrist, starb im Mai 2020 und arbeitete unter anderem mit Bob Dylan und Steve Earle zusammen.

Sein Sohn, der bunte Vogel, war nun also gezwungen, nicht nur sein stattliches Federkleid einzupacken, sondern sich hinzusetzen und zu überlegen, wo sein Platz in der Welt ist. Die Selbstfindung beginnt gleich im Titeltrack: Als Intro fungiert eine Tonaufnahme, in der ein vierjähriger Rayland zu hören ist.

Es folgt eine ruhige Nummer aus leisen Drums, einem funky-bedächtigem Bass und langsam dazupurzelnden Gitarren und Keyboards. Seinen Swagger zeigt Baxter dabei nach wie vor bereitwillig, jedoch ist zu spüren, dass sich eine gewisse Nüchternheit eingeschlichen hat.

Danach wirkt auch “Billy Goats” cool und aus der Hüfte geschossen, aber ebenso melancholisch und ernst, was am Ende nur durch eine kurze, aber beherzte Mundharmonik-Einlage gebrochen wird.

Weitere Lockerung findet sich beim “Rubberband Man”, der sehr nach ironischem Garage-Post-Punk-Revival klingt. Von da an springt “Buckwheat” zu düsterem Blues-Rock – Baxter bleibt nie lange auf einer Stelle stehen.

Wirkliche Ausbrüche kennt “If I Were A Butterfly” nicht, im Gegenteil: Die wahren Höhepunkte des Albums sind die Klavierballaden, die voll ins Herz treffen und nicht nur das Songwriting-Geschick des Sängers zeigen, sondern auch die emotionalen Tiefen, die er in der Form noch nie offenbarte.

Wer ein lautes, überdrehtes und konfrontatives Album braucht, der wird hier nicht fündig. Jedoch zeigt sich, wie viel besser Baxter sich und seine Gefühlswelt kennengelernt hat. Und es ist ein berührendes Erlebnis, ihm bei seiner Reise zuzuhören.

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