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JakoJako – Tết 41

Die Sprache der Musik und die Musik der Sprache. Das Außergewöhnliche im Alltäglichen. Darum geht es beim neuen Album „Tết 41“ der Berliner Elektronik-Künstlerin Sibel Koçer alias JakoJako.

Aufgenommen während des vietnamesischen Neujahrsfests, fungiert das dritte Album der Modularsynthesizer-Spezialistin als ein Rosettastein, mit dem JakoJako ihre Eindrücke in Musik übersetzt. Gedanken fließen durch den elektronischen Kreislauf, werden in Synthesizer geleitet und erzeugen Töne, scheinbar zufällig angerichtet, aber stets einer grundlegenden Logik folgend.

Töne fallen wie Regentropfen, lösen im Wasser Kreise aus, die kaskadierende Kettenreaktionen erzeugen. Das setzt sich scheinbar endlos fort. Es ist eine natürliche Art, Musik zu erzeugen. In unserer heutigen Zeit der gekünstelten Authentizität vielleicht die einzig natürliche Art.

Wie mit einem peripheren Gehirn ist JakoJako mit der Klangmaschine verbunden. Ohne Latenz gehen Gedanken in Musik über, überlagern sich und rasen auf Daten-Highways durch unser Bewusstsein, schicken unsere Phantasie auf eine Reise jenseits von Zeit und Raum.

Eingerahmt werden die Tracks auf „Tết 41“ von Tonaufnahmen vietnamesischer Straßenszenen. Momentaufnahmen, die die ätherischen Arrangements der elektronischen Musik in der greifbaren Wirklichkeit des Hier und Jetzt verankern und ihnen so ein spürbares Gewicht verleihen.

Man meint immer wieder, asiatische Versatzstücke in der Musik zu erkennen. Nuancen, die den Songs einen spezifischen Charakter verleihen. Dann wieder zerrinnen diese Kulturalismen wie Sand zwischen unseren musikalischen Tastfingern und lassen Musik zurück, die so auch in jedem anderen Kulturkreis entstanden sein könnte.

Die Eigenart von Ambient ist, dass es die Hörer*innen auf eine Klangreise schickt. Es lädt zum Träumen und Abschweifen ein. Aber „Tết 41“ erfordert Konzentration. Es ist eine filigrane Komposition, eine spezifische Anordnung von Mustern, die dazu auffordert, die Tracks mehrmals zu hören.

Jedes Hören fördert neue Eindrücke zutage, so wie ein Drachenhort, der seinen Schatz nur den hartnäckigsten und ausdauerndsten Abenteurern offenbar.

JakoJako erzählt mit „Tết 41“ eine Geschichte von der Abstraktion der Sprache, die keine Worte mehr benötigt, um unser Innerstes anzurühren.

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