Die Schamanin ist zurück. Auf ihrem neuen Studioalbum „We Were Made Prey.“ zelebriert die Hohepriesterin des finsteren Indie-Folk eine schwarze Messe. Kathryn Joseph zieht uns in einen Bann aus Fleisch und Blut.
Musik ist Magie. Nicht erst seit Alan Moore wissen wir um den ganz besonderen Zauber der Barden. Barden haben Macht über die Lebenden und die Toten.
In dieser Tradition steht auch Kathryn Joseph. Mit jeder neuen Liedzeile steigt das Blut. Erst leckt es an ihren Füßen. Dann steht es ihr bis zum Hals. Bis ihr ganzer Körper damit bedeckt ist.
Mit diesem Blut schreibt sie Sprüche an die kahlen Wände ihres Bewusstseins. Es sind Zaubersprüche. Es sind finstere Beschwörungen an die Schattenwelt früherer Leben.
Mit elektrisch verzerrter Stimme beschwört sie die Geister der Vergangenheit. Aus dem Schatten steigen tierische Schemen. Sie plagen im Hier und Jetzt die Lebenden mit Albträumen.
„We Were Made Prey.“ zeichnet ein düsteres Gemälde voller Konflikte und Gefechte und Scheingefechte. In diesen Gemälden kämpft der Mensch mit seinem Spiegelbild. Er kämpft mit sich und der verdrängten animalischen Seite in jedem von uns.
Diese animalische Kraft drängt an die Oberfläche wie faules Sumpfgas. Es ist das wölfische Grinsen im unbeobachteten Augenblick. Es ist der flüchtige Blick zum blitzenden Küchenmesser. Der Durst nach Blut.
Die Songtexte von Kathryn Joseph sind lyrisch gebrochen. Man versteht sie. Und doch bleiben sie oft genug unverständlich. Es sind fleischgewordene Gedankenblitze.
Mal flüstert sie behutsam. Mal röchelt sie. Nur, um dann wieder einen beinahe triumphalen Kriegsgesang anzustimmen.
Es ist ein wilder Tanz um ein loderndes Lagerfeuer in der ewigen Nacht. Eine Nacht ohne Sterne. In der Irrlichter den Weg weisen. Immer tiefer in den Sumpf hinein.
„We Were Made Prey.“ zelebriert die schwarze Messe der Kräfte in uns. Schlafende und doch im Schlaf knurrende Hunde. Geweckt von der finsteren Macht der Barden.