Was geschieht an der Weggabelung, an der sich zwei einzigartige Visionär*innen treffen? Etwas ziemlich Absurdes, wie „Pareidolia“ zeigt. Als neuestes gemeinsames Album bringen Eiko Ishibashi und Jim O’Rourke ihre Sound-Welten auf „Pareidolia“ in eine undurchschaubare Landschaft.
Zu hören sind zunächst einmal Ishibashis Flöten, zum anderen die Soundflächen, die die beiden Musiker*innen aus ihren Laptops zaubern. Darüber hinaus ist das Erlebnis nur schwer zu beschreiben, pendelt es zwischen zirkulierendem Wabern, vereinzelten, zerstückelnden Beats und nur schwer erkennbaren Geräuschen her. (Ist das etwa ein Super-Mario-Sound in „ei“?)
Übliche Songstrukturen sind hier nicht zu erwarten, viel mehr ist das der Soundtrack für eine Vernissage im eigenen Kopf. Welche Ausstellung dort genau zu sehen ist, bleibt am Ende allen selbst überlassen – „Pareidolia“ ist wie schon die vorigen vier Kollaborationen der beiden ein unbeschriebenes Blatt mit viel Spielraum.
Passend dazu ist auch der Titel des Albums zu lesen, der den menschlichen Hang, bedeutsame Bilder aus zufälligen Mustern zu erkennen, beschreibt. Wer sich hier also ganz klare Antworten auf die vielschichtigen Sounds einbildet – schön! Wer mit der Unklarheit und den Fragezeichen umgehen kann – auch schön!
Ishibashi und O’Rourke stehen mit ihren Solo-Werken für experimentelle Ansätze und bringen diese in gemeinsamen Projekten in den Dialog. „Pareidolia“ ist ein Remix aus den Live-Shows der beiden, in denen kontinuierliche Loops zu unvergleichlichen Soundflächen führen.
Ishibashi selbst steuerte den Soundtrack zu „Drive My Car“ und „Evil Does Not Exist“ bei – nur passend, dass auch die gemeinsamen Songs filmische Szenen invozieren.
„Pareidolia“ hat jedoch anders als der klassische Film keinen klaren Anfang und kein klares Ende. Wer einmal im Loop des Albums gefangen ist, kann nur schwer einen Ausgang ausmachen.
„Do“ arbeitet am stärksten mit Stimmverzerrern und abrupten Sound-Abbrüchen, großen Flächen und „Alien“-artigen Störgeräuschen, „Lia“ bringt Streicher-Jazz auf die Fläche, „Par“ und „Ei“ bleiben im Soundtrack-Gefilde.
Wer auf Entdeckungsreise gehen möchte: Hier ist ein guter Rundweg für einen freien Kopf.