Boo Boos sind frei übersetzt die kleinen Wehwechen, die man so mit sich rumträgt. Wer ein Hypochonder ist, kann aus so einem Wehwehchen durchaus etwas Ernstzunehmendes machen. Mark Everett von Eels kann das auch. Wer hätte schon gedacht, dass er mit dem Hinzufügen der New Yorker Band 79.5 auf seine Playlist eine Kollaboration mit deren Sängerin Kate Mattison startet? So wurden aus Mark und Kate, Bronco und Katie Boo (Kates bürgerlicher Name) – aka die Boo Boos.
Durch die den ganzen nordamerikanischen Kontinent umspannende Entfernung zwischen den beiden wurden Songs zwischen New York und Everetts Studio in Los Angeles entwickelt, ein ganzes Dutzend hat seinen Weg auf das Debütalbum „Young Love“ gefunden.
Dieses klingt wie eine moderne Version von Motown-Duettklassikern und 70er Singer/Songwriterduette. Mark Everett nutzt auch die Vielseitigkeit seiner Eels-Hauptbeschäftigung, um den romantischen, schwelgerischen Songs ein wenig Verschrobenheit einzuhauchen.
Sanfter Humor schwingt mit, wenn „That’s Not A Thing“ – von der Akustikgitarre begleitet – zwischen Everetts rauchigem Organ und Kates sehr heller Stimme wandelt und das herzige „Stumbled“ die Boo Boos zum Trio werden lässt. Die weiche Pianoklangdecke breitet sich über den zarten Gesang aus und gibt Liebe auf den ersten Blick eine neue Bedeutung. Die Percussion hauchen ein wenig Rhythmik in diesen verliebt dahinschmelzenden Song, der so eindringlich ist wie das wesentlich dynamischere „C’mon Baby“:
Beschwingt tänzelt es sich, akustisch begleitet, auf den besungenen Berggipfel, den man gemeinsam – in Liebe verbunden – erklimmen möchte. Der Chorus hallt als Ohrwurm wider und Everetts nasaler Gesang verträgt sich gar prächtig mit Mattisons hoher, aber bestimmter Stimmlage. Ein verwurzelter Countryschwof wohnt „C’mon Baby“ ebenso inne, wie der Percussion von „The Toughest Bitch I Know“. Leider gibt die Titelgebung mehr her als der Track selbst.
Auch die Pianoballade „Chicken In A Mole Hill“ verlässt sich zu sehr auf den herausragenden mehrstimmigen Gospelgesang, das Everetts Sprechgesang beim Folksong „Gal Pal“ weicht.
Mehr Leben in die Bude bringt „Boo Boo Time“, das im Sixties-Beatgewand am „Grease“-Mythos knabbert und mit weniger als zwei Minuten Spielzeit die Kurzweiligkeit zu ernst nimmt.
Ernst nehmen muss man „Total Thunder“ hingegen sehr. Der orgelnde Sound klingt nach Fleetwood Mac, Kate Mattison gibt die Kate Bush, und wenn Bronco Boo zum Chorus mit einstimmt, zerschmelzen 80er Jahre Popduos im Rückspiegel der Belanglosigkeit.
Kate Mattison und Mark Everett harmonieren wunderbar, was beim lang inthronisierten „Strange Morning“, einer progressiven Lo-Fi Rocknummer, besonders zur Geltung kommt. Wenige Zeilen, diese aber in perfekter Harmonie vorgetragen, erheben den instrumentalen Körper des Titels in höhere Sphären.
Etwas, was den „Intros and Outros“ verwehrt bleibt. Die saitenbestimmte Nummer mäandert im life storytelling Modus, wechselt ins Pianospiel von „As The Sky Breaks ( For You )“ und den Höhen erklimmenden, gefühlvollen Gesang von Katie Boo.
Schummrig seicht wandelt man weiter zum „Nightly Content“, sozusagen dem Testbild von „Young Love“. Mit abgeklärten Texten ist wenig von frischem Verliebtsein zu spüren. Da kann Katie Boo noch so sehr gegen die Folkpercussion ansingen.
„Young Love“ bietet so einige Höhepunkte wie zum Beispiel das poppige „C´mon Baby“ oder „Total Thunder“, das einem Kniefall vor Fleetwood Mac gleichkommt. Irgendwie verliert man sich aber doch in der romantischen Schmonzette, ohne kitschig zu werden.
Dass die beiden Stimmfarben perfekt harmonieren, ist allein ein Grund unbedingt mal reinzuhören. Da kann man über das ein oder andere Wehwehchen auch hinwegsehen.