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How To Dress Well – The Anteroom

Das Vorzimmer, diese seltsame Mischung aus Rezeption und Wartesaal, scheint ein Relikt aus vergangenen Tagen zu sein. Untrennbar ist die Vorstellung davon mit einer treu und ewig-loyal dienenden Vorzimmerdame verbunden, die versucht, ihrem in seinem Büro befindlichen Chef charmant, aber resolut unangemeldete Besucher vom Leib zu halten.

Seit jeher aber war das Vorzimmer eben nur eine Durchgangsstation auf dem Weg dorthin, wo die wichtigen Dinge entschieden wurden. Umso mehr verwundert es, dass How To Dress Well sein neues und fünftes Album nach ihm benannt hat – „The Anteroom“.

Ein genauerer Blick auf die Platte zeigt: Die negative Konnotation bleibt dem besungenen Raum nur indirekt erhalten, unwichtig ist er keineswegs. Nach eigener Aussage schrieb der im bürgerlichen Leben Tom Krell genannte How To Dress Well das Album nach den US-Wahlen 2016, als „hell and death“ die Welt wieder verstärkt zu beherrschen drohten.

Krell gelang es schließlich mit seiner eigenen, daraus resultierenden Niedergeschlagenheit und Einsamkeit umzugehen, indem er sie als Vorzimmer einer neuen Erkenntnis betrachtete.

Diese existentielle Hoffnungslosigkeit bei geduldigem Vertrauen auf einen höheren Sinn, von dem sich selbst der biblische Hiob eine Scheibe hätte abschneiden können, beschreibt den Sound des Albums treffend.

„The Anteroom“ ist ein geschmackvoll inszeniertes Melodram, das in seiner auf zerstückelten Samples und schlaglichtartig auftauchenden Elektro-Sounds basierenden Zerrissenheit mehr als einmal an Bon Ivers „22, A Million“ erinnert. Der Reiz des Albums entsteht hier wie dort aus einem seltsamen Wechsel zwischen Intimität und Entfremdung.

How To Dress Well verzichtet auf unmittelbare Zugänglichkeit und setzt stattdessen auf pumpende Beats (eher in einem industriellen, als tanzbaren Sinn), verstörend alleinstehende Synth-Sounds, düstere Störgeräusche und seinen intim gehauchten Falsett-Gesang, der dem Kitsch auf diesem Album nicht ein einziges Mal gefährlich nahekommt.

How To Dress Wells fünfte Platte ist wahrscheinlich keine, die während des Kochens oder Duschens großen Spaß macht. Wenn man sich aber ein bisschen Zeit nimmt, wird sich das lohnen. „The Anteroom“ geht unter die viel zitierte Haut.

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