Nach großartigen Zusammenarbeiten mit dem Rasta-Meister des Vibrato-Gesangs Horace Andy kümmerte sich Abstraktions-Experte Adrian Sherwood um einen multilingualen Frauen-im-Dub-Sampler von Chinesisch bis Polnisch für Peter Gabriels Label Real World sowie um den Remix eines ganzen Panda-Bear-Albums. Aus „Reset“ von Panda Bear & Sonic Boom machte er „Reset In Dub„.
Legendär sind Sherwoods Technik- und Konzept-Arbeit als Produzent für die britische Punk- und Post-Punk-Szene. Letztlich zählt der Londoner zur Pionier-Generation des Dub.
Ob Adrians neues Album „The Collapse Of Everything“ im engeren Sinne der Definition noch als Dub-Werk durchgeht, ist angesichts seines fehlenden Fokus auf Bässe und angesichts etüdenhafter Melodie-Strukturen fraglich. Weder improvisiert noch sonderlich affin zu Abenteuern wirken große Teile des 38 Minuten langen Instrumental-Albums.
Was sicher im Kern zum Genre zählt, ist das vertrackte und mit Effekten angereicherte „Battles Without Honour And Humanity“. Hier fiept und spratzelt es ordentlich, spielen Abstraktion und Wiederholung eine große Rolle.
Insgesamt zeigt sich „The Collapse Of Everything“ als Downtempo-Album. Bisweilen verliert es sich in grenzwertig ruhigen Passagen, in denen zu viel des Gleichmuts für einen Zusammenbruch (einen „Kollaps von allem“) herrscht.
Schuld am Crash tragen laut Cover-Abbildung die Infiltrierung der Welt mit amerikanischen Werten – kurzum der Kapitalismus und laxe Umgang mit hart erarbeitetem Geld. Mit zwei Todesfällen im engeren Kollegen-Kreis und dem Blick auf die internationale Klimapolitik empfand Sherwood den Albumtitel als passend.
Der Anspruch der Platte ist es also, mit den Mitteln von Instrumentalmusik einen Kommentar zur Zeitgeschichte und ihren apokalyptischen Anwandlungen und zum Verlust von Freunden zu liefern – dies ist ein extrem hoher Anspruch, der dunkle Drone-Klänge, zerfaserte Broken-Beats und Industrial-Lärm erwarten ließe.
Vielleicht ist es auch zu klischeehaft, mit so etwas Dystopischem zu rechnen, andererseits verliert sich Adrian leider im allzu Lieblichen. Seine musikalische Themenverfehlung raubt dem Resultat einiges von seiner Relevanz und sorgt für einen sämigen Ambient-Schönklang ohne Inhalt.
Da mag es im Verlauf zwischen dem einlullenden Eröffnungsstück und dem nicht minder sedierenden Schluss-Track auch nicht besonders zu beeindrucken, dass Brian Eno auf dieser Scheibe „The Well Is Poisoned (Dub)“ mit erschuf. Die handwerklichen Kunstgriffe wirken durch die Bank beliebig gezückt und sorgen für eine nette Hintergrund-Beschallung.