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Kate Tempest – Live im Astra, Berlin

„The Bricks that Built the Houses“, im Deutschen mal wieder souverän akkurat übersetzt mit „Worauf du dich verlassen kannst“, ist der Debüt Roman von Kate Tempest aus dem Frühjahr dieses Jahres. Seitdem ist die mit 16 auf Open-Mic-Bühnen gestartete 30-jährige Londonerin hierzulande immer mehr ein Begriff.

Dabei ist ihr formidables, vor einem Monat erschienenes Spoken-Word-meets Hip-Hop-Album „Let Them Eat Chaos“ bereits ihr zweites. Mit „Everybody Down“ vor zwei Jahren debütierte sie nicht weniger Aufsehen erregend. Wiederum ein Jahr davor wurde der für das Theater adaptierte Spoken-Word-Monolog „Brand New Ancients“ mit einem britischen Theaterpreis ausgezeichnet. Zuvor gewann sie zwei wichtige britische Poetry Slams.

Läuft bei ihr, könnte man also durchaus sagen. Die soziale Ungerechtigkeiten permanent Kraft ihrer Wortschöpfungen anprangernde Kate Tempest könnte aber keine bodenständigere Person sein. Ohne jegliche Inszenierung läuft sie mit Band auf die beleuchtete Bühne des ausverkauften Berliner Astras und hält als erstes eine Rede. Was sonst, bei diesem Wasserfall aus in Sätze gegossenen Gedanken.

Ein aufrichtiger Dank für das Kommen, ein charmanter Appell, das Smartphone in der Tasche zu lassen, um so eine intensivere gemeinsame Konzerterfahrung zu erreichen. Und Anekdoten vom letzten Berlin-Konzert, welches ein Tour-Highlight für die Crew darstellte, leiteten in einen Abend ein, in dem Tempest ihren aktuellen Hammer eines Albums aus logischen Gründen eins zu eins wiedergab.

Denn auch „Let Them Eat Chaos“, die szenische Großstadtgeschichte von sieben Straßenbewohnern, denen ein Licht im Leben aufgeht, ist eine Erzählung und zum Album auch in Buchform erschienen.

In Two-Step-Manier poltern Synthesizer, Keyboards und Electronic Drums im Hintergrund während Kate macht, was sie nun mal am besten kann: Texten – in Reinform, im Flow. Mehrmals fadet die Backing-Band aus und überlässt der Sprachkraft Tempests das Feld, zum Jubel des gebannt lauschenden Saals.

Nachdem das Album durch ist, vergisst sie bei der ausschnitthaften Zugabe aus ihrem Monolog „Brand New Ancients“ den Faden, kein Wunder nach so vielen Spoken-Word-Kaskaden, und schärt flugs mitten im Song um in ein Medley aus dem Debütalbum. Nur, um vor dem Gehen, als ihr die richtigen Zeilen doch wieder vor Augen waren, den Monolog noch a capella zum Besten zu geben, weil sie so nicht von der Bühne treten wollte.

Genau davon brauchen wir mehr.

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