Kassenschlager waren die Platten von PeterLicht nie, zu speziell war die zwischen Karneval und Kapitalismuskritik angesiedelte Kombination aus Melodie und Wort auf den seit 2001 erschienenen fünf Alben.
Vielleicht war das ein nicht ganz unwesentliches Argument seines ehemaligen Labels Motor, die Zusammenarbeit mit dem Kölner abzuschließen. Also musste ein Crowdfunding-Projekt her, um „Lob Der Realität“ zu finanzieren (was an eine Zeile im Song „Innenstadt Illussionen“ vom letzten Die Sterne-Album erinnert: „Wenn alles schief geht machen wir eben ein Benefiz“). Nun hat das Werk von PeterLicht via Staatsakt den Weg ans Licht gefunden und zur Belohnung für den Support durften die Fans sich per Cover-Generator am Artwork der Tonträger beteiligen.
Es ist ein Best-of-Album im Live-Format entstanden, auf dem ein repräsentativer Querschnitt des musikalischen Wirkens des Multifunktionskünstlers (außerdem noch als Autor und Theaterschaffender aktiv) zu finden ist. Gekoppelt an den Versuch, die anarchische Atmosphäre seiner Konzerte einzufangen.
Womit auch schon das Problem der Platte beschrieben ist, denn nicht nur im vorliegenden Fall können Live-Alben selten das Live-Erlebnis auf ein Wiedergabegerät übertragen, was zur Folge hat, dass der Eindruck von Songs in Live-Versionen, die live gern abweichend vom Original angeboten werden, verwässert wird.
Ehemalige Besucher von PeterLicht Konzerten erinnern sich jedenfalls gern an abrupte Tempowechsel, Flugblatt-Aktionen und die endlosen Monologe zwischen den Stücken, während er und seine Band beim Spielen manchmal wie die musikalische Begleitung des Sommerfestes einer Kleingarten-Sparte wirkten, aber diese besonderen Momente nie zur x-beliebigen Comedy verflachten.
23 Songs sind auf dem Doppelalbum gelandet, „Alles was Du siehst gehört Dir“ vom 2008èr „Melancholie und Alltag“ macht den Anfang und hält sich exakt an die Vorlage, beim folgenden „Gerader Weg“ wird es variabel, das Stück wird zur polternden Mischung aus Polka und Chanson, während die Vortragsgeschwindigkeit zwischen Muezzin und Poetry-Slam wechselt.
Beinahe dahingehaucht folgt „Wir sollten uns halten“, gerne erinnert man sich danach an den durch die Landschaft kullernden Bürostuhl im Video zu „Sonnendeck“ als 2001 alles begann, auch „Die transsilvanische Verwandte ist da“ und „Fuzzipelz“ repräsentiert das Debut „14 Lieder“.
Von den ellenlangen Vorträgen zwischen den Songs durften zwei mit auf den ersten Teil der Platte „Mehrgeschossige österreichische Keller“, ein Exkurs über Wiener Schnitzel, und „Der Arbeitgeberpräsident hat eine Idee“ welcher mit elfeinhalb Minuten schon arg strapaziert. Die Erzählweise erinnert auch verdächtig an Helge Schneiders Geschichte „Flora und Fauna“ (B-Seite der Katzeklo-Single) und mündet im Einstimmen des Publikums auf „Benimmunterricht (Der Arbeitgeberpräsident)“.
Diesen Song dürfen die Anwesenden dann letztlich auch unter Lichts Dirigentschaft selbst zum Album beisteuern. Teil Zwei vom Album hält dann noch deutlich mehr dieser Spoken-Word Einlagen bereit, darunter mit „Vorschläge für eine neue Sportart“ die Anleitung zum Wettentspannen.
Highlights sind „Wir sind jung und wir machen uns Sorgen über unsere Chancen auf dem Arbeitsmarkt“ und das mehrstimmige „Lied vom Ende des Kapitalismus“ vom 2006 erschienenen (fast) gleichnamigen Album, dem Zeitpunkt, an dem PeterLicht zweifellos den kreativen Höhepunkt seines Musik-Schaffens erreicht hatte.
Vielleicht hätte neben „Zonen“ auch der ein oder andere Track mehr vom 2003 veröffentlichten zweiten Album „Stratosphärenlieder“ einen Platz auf der Platte verdient gehabt, wo doch das Titelstück bei Konzerten selbst in diesbezüglich schwierigen Zeiten mit „Das Lied handelt von Flugzeugen und sehr hohen Häusern“ angesagt wurde.
Der Titelsong von „Das Ende der Beschwerde“ schließt die erste Hälfte des Albums, „Offenes Ende“ den zweiten Teil und damit vielleicht auch insgesamt den Liederzyklus des PeterLicht, begonnen am Rande des Klamauks, aufgestiegen über die Doppeldeutigkeit auf den Zenit der Gesellschaftskritik, hinab zum Punkt, wo selbst die Beschwerde keine Option für Veränderung mehr zu sein scheint.
„Keine Echos, keine Blende zurück“ heißt es und wir dürfen gespannt sein, ob PeterLicht nach der folgenden Tour in den trüben Tunnel der Realität einfährt. Schade wäre es schon.