Baxter Dury spielt auf „Allbarone“ den Chronisten der Halbwelten. Er zerlegt Erinnerungen, Beobachtungen und Selbstgespräche in Splitter. Wie aus einem Traumprotokoll, das irgendwo zwischen Sehnsucht, Wut und resigniertem Humor schwingt.

Die Welt von Baxter Dury ist eine Welt der kleinen Dramen, die sich zwischen Barhockern, Hotelzimmern und Londoner Straßen abspielen. Seine Texte wirken wie Fragmente einer zerbrochenen Romanze, aber auch wie bissige Randnotizen über eine Welt voller aufgeblasener Egos, leerer Gesten und kurzer Versprechen.

Immer wieder tauchen Bilder von Regen, Hotels, U-Bahnen oder zufälligen Begegnungen auf. Es sind scheinbar banale Details, aber in Durys Vortrag werden sie zu Metaphern für Entfremdung und Nähe, für das ewige Pendeln zwischen Zynismus und Verletzlichkeit.

Es sind Alltagsmomente, die kippen: Eine Hand, die kurz gehalten wird, ein Lächeln, das als Spott enttarnt wird, oder ein Versprechen, das sich im Nieselregen auflöst.

Was „Allbarone“ auszeichnet, ist diese Balance zwischen Härte und Zartheit. Dury schafft es, seine bittere Abrechnung mit dem Establishment mit einer fast komischen Nonchalance vorzutragen und zugleich die Sehnsucht nach Intimität nicht zu verleugnen. Hinter der Pose des ironischen Beobachters blitzt immer wieder das Bedürfnis nach echter Verbindung auf.

Musikalisch wird der lakonische Sprechgesang von einem elektronischen Gerüst getragen, das echten Ohrwurmcharakter hat. Ein Szenewechsel, wie Dury ihn seit seinem 2018 erschienen Album „B.E.D“ nicht mehr hingelegt hat.

Beides, der monologische Gesang Durys und der elektronische Touch von Produzent Paul Epworth, harmonieren perfekt. Die Bilder wirken hier noch intensiver, weil sie Platz haben, nachzuhallen.

Dury bietet keine schnellen Antworten. Er legt vielmehr ein Mosaik, ein bewusst unvollständiges Protokoll einer zerrissenen Gegenwart, das sich der Eindeutigkeit verweigert.

„Allbarone“ ist brüchig, düster und zugleich von einer schiefen Schönheit durchzogen. Ein Werk, das gerade in seiner Unfertigkeit die Gegenwart besser abbildet als jede glatte Pop-Inszenierung. Musik als literarisches, fast tagebuchartiges Format, in dem Verletzlichkeit, Spott und Gesellschaftskritik ineinanderfließen.

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