Wie klingt ein Tanz am Rand des Abgrunds? Zornig? Zärtlich? Satirisch, biblisch, verspielt oder rebellisch? Egal. Geese liefern all das und noch mehr.
Kaum eine junge Rockband bewegt sich derzeit so furchtlos zwischen Größenwahn und Chaos wie die New Yorker. Ihr drittes Album „Getting Killed“ ist ein fiebriger Traum, in dem Predigten, Wutausbrüche und absurder Humor ineinander stürzen.
Anstatt sich in sicheren Indie-Hymnen einzurichten, beschwören Geese eine Klangwelt, die zwischen Jubel und Untergang schwankt. Mit „Getting Killed“ liefern sie kein nostalgisches Rockalbum, sondern ein Fanal für eine Generation im Ausnahmezustand. Ein Werk, das Geese nicht verklärt, sondern sie als rastlose Vorboten des Rock’N’Roll der Gen Z zeichnet.
Der Auftakt „Trinidad“, mit einem explosiven Gastauftritt von JPEGMAFIA, funktioniert wie ein Warnsignal: Funk, Jazz und Noise kollidieren mit Cameron Winters’ hysterischem Organ, als hinge alles am seidenen Faden. Das gebrüllte „There’s a bomb in my car“ zieht sich wie eine Parole durch den Track.
Doch das Album bleibt nicht im Überhitzungszustand stecken. „Cobra“ und „Taxes“ schlagen Bögen zu Sixties-Soul, Blues und dem psychedelisch-groovigen Sound der Madchester-Szene, die Ende der Achtziger in Manchester Clubs und Gitarren verband.
Immer mit Blick nach vorn, nie im Retro-Leerlauf. Wer Queens Of The Stone Age oder Ween liebt, wird sich sofort zuhause fühlen.
Besonders der Titelsong „Getting Killed“ zeigt, wie kompromisslos Geese Tradition und Verfremdung aufeinander prallen lassen: Ein bluesiges Riff, das abrupt von einem ukrainischen Chor-Sample zerfetzt wird.
Im Zentrum steht Sänger Winter selbst: das nervöse Herz dieser Platte. Seine Stimme schwankt zwischen näselndem Flehen, clowneskem Grölen und prophetischem Donner. Die Texte sind oft kryptisch („I was a sailor, and now I’m a boat“), doch im Zusammenspiel mit der Musik entwickeln sie eine eigentümliche Wucht. Man lacht, man runzelt die Stirn und am Ende fühlt man sich, als habe man einem seltsamen, aber zwingenden Ritual beigewohnt.
Man hört dem Album an, dass die Band von Winters gefeiertem Soloalbum „Heavy Metal“ profitiert: Die Songs atmen, die Arrangements lassen Raum. Viele Stücke entfalten sich wie Wetterumschwünge: zart, eruptiv, immer organisch. Ja, manchmal verliert sich Geese in 70er-Verkleidungsspielen. Doch gerade dieses Unfertige, dieses „noch nicht ganz entschlüsselt“, macht den Reiz aus.
„Getting Killed“ ist kein gefälliges Album, sondern ein Statement der Verweigerung: laut, ungestüm, grotesk und voller Leben. Geese zeigen, dass Rockmusik nicht zur polierten Nostalgie verdammt ist. Sie kann wieder wild, widersprüchlich, unberechenbar sein.
