Midlake - AntiphonNach dem Weggang von Sänger und Songwriter Tim Smith, der jetzt Frontmann der Band Harp ist, war es selbstverständlich, dass einige Zweifel aufkamen, als verkündet wurde, der Rest der Band würde ohne ihn weitermachen. Tim Smiths Stimme und die um ihn herum gebauten Harmonien waren wohl das Herzstück der Band.

Zwei Jahre hatten die Indie-Folker von Midlake bereits an ihrem vierten Album gearbeitet, als Gründungsmitglied Tim Smith die Band im vergangenen Jahr verließ. Das von Smith erzeugte Material musste verworfen werden und das Quartett aus Texas sich der Herausforderung einer Neuorientierung stellen.

Gitarrist Eric Pulido übernimmt jetzt die Rolle des Sängers und zu keinem Zeitpunkt fühlt es sich an, als versuche er, wie Tim Smith zu klingen. Midlake haben sich eine neue Identität geschmiedet, sie klingen schriller und muskulöser. Es ist die erste Midlake Langrille , die man von ganzem Herzen als Rock-Platte beschrieben kann. Der Sound ist aufwendig, atmosphärisch und größer, aber die schönen instrumentalen Passagen bleiben. Auf der Suche nach einem Weg in die Zukunft scheint es, als ob sich die Band entschieden hat, kleine Stücke von ihrer Vergangenheit zu nehmen und sie zu mit ihrem neuen Klang zu kombinieren.

Der Unterschied zwischen Tim Smith und Eric Pulidoist ist, dass letzterer deutlich schnörkelloser intoniert. Die musikalischen Veränderungen auf  “Antiphon” von Folk auf Rock lassen dafür einfachere Melodien zu. Grobkörnigere Melancholie, Düsternis mit wegweisenden Keyboards, großangelegte Gitarren-Riffs, verbunden mit starker Percussion und äußerst selbstbewussten Basslinien und Grooves. Diese Metamorphose ist bereits beim Opener und Titellied deutlich zu hören, das mit einer hymnischen Geradlinigkeit aufwartet, wie man sie in dieser Form bei Midlake noch nicht gehört hat.

Nur auf “Aurora Gone” bekommen wir noch einmal den Sound ihrer ersten drei Alben dargeboten. Man sollte die neuen Songs nicht als eine Abkehr von ihrem früheren Klang, sondern als eine Weiterentwicklung ansehen. Was aber wohl entscheiden wird, ob dieses Album auch gut bei den Fans ankommt, ist die Stimme von Eric Pulidoist. Sie ist sicherlich nicht so charismatisch wie die von Tim Smith, aber weil das Songwriting und die Instrumentierung der Stücke stark geblieben ist, kann sie diese “Schwäche” doch gut überspielen.

Insgesamt aber hört man doch heraus, dass hier eine befreite Band aufspielt und sich nicht mehr an die musikalischen Richtlinien ihres Ex-Kreativkopf Tim Smith halten muss. Wo sie sich früher vielleicht eher als Begleitband gefühlt haben, haben sie nun deutlich mehr musikalischen Spielraum und man hört ihnen den Spaß förmlich an. Jetzt bleibt nur noch abzuwarten, wie Midlake die alten Stücke live präsentieren werden, denn das Gefälle zwischen alt und neu ist doch ziemlich groß.

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