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Breton – War Room Stories

breton war room stories

Zwar erscheint mit “War Room Stories” erst das zweite Album der Londoner Band Breton, doch das Portfolio der umtriebigen Engländer ist schon prall gefüllt und demonstriert ihre Vielfältigkeit. Nur Musik zu machen, reicht den kreativen Köpfen nicht. Sie strecken ihre Fühler bekanntlich auch gerne in Richtung audio-visueller-Projekte aus und verstehen sich vielmehr als Multimedia-Kollektiv. Ob Kurzfilme, Video-Auftragsarbeiten oder Remixe – Breton toben sich auf der bunten vor ihnen liegenden Spielwiese kräftig aus.

Nachdem sie mit ihrem Debüt “Other People’s Problems” sowohl in ihrer Heimat als auch auf dem europäischen Festland und sogar in Übersee auf sich aufmerksam machen konnten und viel Zeit damit verbrachten durch die Welt zu touren, lag der Fokus Anfang letzten Jahres dann darauf dem Debüt einen würdigen Nachfolger an die Seite zu stellen. Dafür zog es die Band, wie so viele andere Künstler, nach Berlin. Auch wenn die deutsche Hauptstadt schon länger reizvoll mit all ihren Möglichkeiten im Augenwinkel klimperte, erst die Nachricht vom Abriss des bandeigenen “Lab” in London ließ Breton die Koffer packen und Nägel mit Köpfen machen wirklich in Berlin aufzunehmen.

Der einstige, abgeschiedene Aufnahmeort im Süden Londons, der seit jeher als Inspirationsquelle gedient hatte, wurde gegen das geschichtsträchtige Funkhaus eingetauscht, dem ehemaligen Zuhause des DDR-Rundfunks. Genügend Platz zur kreativen Entfaltung wurde den pfiffigen und ruhelosen Freigeistern in der Hauptstadt allemal geboten. Die endlosen, verschlungenen Wege und zahlreichen Räume des Funkhauses dürften die imaginären Wände im Breton-Kosmos noch weiter gedehnt bzw. zum Einstürzen gebracht haben.

Für seine Genre-Stilbrüche war das Kollektiv bereits in der Vergangenheit bekannt. Auf “War Room Stories” ignorieren Breton fast schon tollkühn bestehende Sound-Muster und führen den Hörer bewusst an der Nase herum. Dabei reissen sie so viele Schubladen und Ideen-Kisten gleichzeitig auf, dass die Zeile des ersten Album-Vorboten “Got Well Soon” ein wenig richtungsweisend für die gesamte Platte ist: “Either you’re out or you’re in”. Angesichts der weitläufig gespannten Bögen über eine ganze Palette an musikalischen Stilen hüpft man als Rezipient von einem Boot ins nächste und paddelt aufgeregt im groß angelegten Song-Meer umher. Jedoch keineswegs wahllos. Dafür mit wechselhaftem Seegang in Form von vielen Überraschungsmomenten.

Das jetzige Schaffen der Band avanciert vielmehr zur abenteuerlustigen Reise, auf deren Fahrt der Spieltrieb der Mitglieder ungebrochen und der Drang scheinbar konträre Klangwelten miteinander zu verknüpfen das oberste Ziel ist. Was in den Köpfen funktioniert, muss zwar noch lange nicht in der Praxis Früchte tragen, Breton gelingt der Stilmix jedoch fast mühelos. Das Eröffnungsstück “Envy” gaukelt uns im ersten Moment noch Calypso-Pop-Feeling vor, da schneiden uns Breton mit ungestümen, düsteren Beats schon ein paar Songs später auf “S4” und auch “Got Well Soon” den Weg ab und fahren in Sachen Synthesizer merklich die Regler nach oben. Verzerrte Vocals von Roman Rappak (“Legs & Arms”), Hip-Hop-Einflüsse (“302 Watchtowers”) oder Piano-Ausflüge (“Closed Category”) reihen sich in das sekündlich wachsende Klangrepertoire ein, aus dem sich Breton konsequent nacht Lust und Laune bedienen.

Die wohl größte Bereicherung auf musikalischer Ebene wird durch den verstärkten Einsatz von Streichern erzielt, die sich zum restlichen Indietronic-Sound wie ein kleiner Weichzeichner verhalten. Der moderne, edgy Sound wird mit klassischen Streicher-Passagen durchzogen und verschmilzt über mehrere Songs hinweg zu einer ausgereiften Version des englischen Künstlerkollektivs, das 2014 mit “War Room Stories” der Einfältigkeit gemäß dem Titel in zehn Kurzgeschichten den Kampf ansagt und über weite Strecken gewinnt. Allenfalls in der zweiten Hälfte der Platte schwinden Nachdruck und Eingängigkeit ein wenig zugunsten von verwobeneren Klangcollagen, die im Vergleich etwas an Intensität und Ausdrucksstärke einbüßen. Ob die neuen Stücke den Live-Test bestehen werden, wird sich auf der kommenden Tour zeigen. Fest steht allerdings, dass die Soundtüftler von Breton samt Visuals auf der Bühne stets ganz in ihrem Element sind.

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