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We Are Scientists – Live im Lido, Berlin

Eine Klammer für hochgezogene Mundwinkel braucht man beim Besuch eines Konzerts von We Are Scientists mit Sicherheit nicht. Kaum ein anderes Duo geht während einer Show so offensiv auf die Lachmuskeln zu und stürzt sich zwischen den Songs so impulsiv in den nächsten Witz wie die Herren Keith Murray und Chris Cain. Auch bei ihrem Tourstopp im Berliner Lido wehrten sich die beiden keineswegs gegen ihren scheinbar natürlichen Drang zur Unterhaltung und schossen wahlweise ein Stück aus ihrem Songarchiv oder einen amüsanten Kommentar aus der locker gespielten Hüfte.

Zugegeben, es fällt schwer das bei der letzten Tour gewählte “(I’ve Had) The Time Of My Life” Intro des Dirty Dancing Soundtracks noch zu überbieten, aber auch dieses Mal blieben We Are Scientists ihrer 80s-Affinität treu und ließen REO Speedwagons ” Keep On Loving You” durch die Lautsprecher schallen kurz bevor die musikalische Pflicht rief und es hieß: It’s showtime! Sichtlich davon angestachelt und emotional auf Dramatik eingestimmt, marschierte die Band zu diesen Klängen an ihre Instrumente und legte mit “Return The Favor” los, welches gleichzeitig den Auftakt zu ihrem neuen Album “TV En Français” sowie einem 17-Song starken Set bildete, das das Publikum an diesem Abend erwartete.

Zur allgemeinen Verwunderung brachten Murray und Cain allerdings nicht den Ex-Razorlight Schlagzeuger Andy Burrows mit auf Tour, sondern erschienen mit einem Ersatzmann, der sich im Laufe des Konzerts aber so passioniert seinem Spiel hingab, dass man ihn dank seiner Hingabe und dem breiten Grinsen im Gesicht auch glatt für einen der größten We Are Scientists Fans hätte halten können. Seine Mimik erinnerte doch streckenweise stark an die eine Lotto-Gewinners. Nicht minder enthusiastisch spielten sich aber auch die beiden New Yorker Witzbolde weiter vorne auf der Bühne die Finger wund.

Es waren kaum ein paar Songs vergangen, da verkündete Chris Cain den wahren Grund für den Auftritt in Berlin: eine Hut-Studie! Mit ernster Miene wurde eine spezielle Frage besonders interessiert in den gut gefüllten Zuschauerraum geworfen, die die Band das ganze Konzert über beschäftigte – “Wer hatte seinen Hut an der Garderobe abgegeben?” Und: “Wie viele Menschen tragen überhaupt noch einen Hut bei solchen Anlässen?”. Während die einen diese Fragen still für sich erörterten, fühlten sich andere wohl eher davon gestört und drängten mit Zwischenrufen zur musikalischen Fortsetzung der Show.

Wer es jedoch wagt das “Duo infernale” in seinem Wortwitz zu unterbrechen, muss im Fall des Störenfrieds aus dem Publikum damit rechnen, im weiteren Verlauf des Konzerts immer wieder mit kleineren und größeren verbalen Seitenhieben bedacht zu werden. So konterte Murray mit einem Augenzwinkern, dass man ja bei keiner “Talkshow” wäre und fühlte sich im Zwiegespräch mit seinem Bandkollegen Cain belästigt, der im Scherz nach dem Übeltäter Ausschau hielt und ihn immer wieder auf’s Korn nahm. Ganz im Sinne ihres Songs “Rules Don’t Stop” gibt es offenbar wenig, was die Band davon abhalten kann, den Entertainer zu mimen. Die einzige Regel, die die beiden befolgen, lautet: Spaß haben!

Den hatte das Publikum ebenfalls ausreichend, auch wenn die gerissenen Witze und die Interaktion mit den Fans in der Vergangenheit schon mal besser waren. Wer jedoch ein Liebhaber von Situationskomik und Indie-Rock ist, der dürfte sich knappe 75 Minuten lang bestens unterhalten gefühlt haben. Selbst die Crew der Band genoss das Konzert neben der geleisteten Arbeit so sehr, dass sie sich am Bühnenrand vor lauter Lachen den Bauch hielten, dem Schlagzeuger aufmunternde Nachrichten auf Schilder schrieben und diese für ihn sichtbar schwenkten.

Nach “The Great Escape” war dann aber Schluss und We Are Scientists traten nach insgesamt drei Zugaben den Rückzug dorthin an, wo die berühmten Margarita-Künste von Keith Murray anschließend sicherlich noch für mehr heitere Momente sorgten. Cheers!

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