Mit Teenage Jesus & The Jerks wurde Lydia Lunch zur Mitbegründerin der sogenannten No Wave Szene, die vornehmlich in der Lower East Side von New York zwischen 1977 und 1982 zu Hause war. No Wave war quasi die Kehrseite der gleichzeitig existenten New Wave, folglich avantgardistischer und kompromissloser.
Lydia Lunch versteht sich als Allround-Künstlerin, nicht nur als Sängerin und Komponistin ist sie aktiv, auch als Dichterin und Schauspielerin lebt sie ihre Kreativität aus.
Seit den 70ern hat sie viele Alben, Filme und künstlerische Projekte veröffentlicht. In den letzten Jahren fiel sie vor allem mit der Formation Big Sexy Noise (mit Ian White und James Johnston von Gallon Drunk) auf und war auf allen drei Volumen von The Jeffrey Lee Pierce Sessions Project beteiligt.
Jenes zu Ehren des ehemaligen Gun Club Chefs Jeffrey Lee Pierce ins Leben gerufene Projekt wurde von Cypress Grove initiiert, der auf seinem Dachboden ein Tape des viel zu früh verstorbenen Pierce fand.
Dieses war Ausgangspunkt für ein einmaliges Projekt, für welches Grove Interpreten einlud, um anhand von Songskizzen und Demos Songs auszugestalten oder zu Ende zu komponieren.
Es kamen Berühmtheiten wie Nick Cave, Debbie Harry, Iggy Pop, Thurston Moore, aber auch weniger bekannte wie Honey oder Black Moth sowie zahlreiche andere. Eine davon war auch Lydia Lunch, die auf jenen Projekt-Platten eine ausgezeichnete Figur abgab. Ein Umstand, der nun zum Album „A Fistful Of Desert Blues“ von Lydia Lunch & Cypress Grove geführt hat.
Cypress Grove hatte 1992 mit Jeffrey Lee Pierce das Album „Ramblin‘ Jeffrey Lee And Cypress Grove With Willie Love“ veröffentlicht, zudem gingen sie gemeinsam auf Tour. Bereits damals gehörten sie zu den Erneuerern des Blues, ein Weg, den Cypress Grove unermüdlich fortgesetzt hat und der nun vorläufig in der Zusammenarbeit mit Lydia Lunch mündet.
Eine Handvoll Wüstenblues präsentieren die beiden und starten mit „Sandpit“, einem Gedicht von Lydia Lunch, das sie als Spoken Word Performance zu gespenstischen Klangbildern rezitiert. Post-Rock trifft Dark Americana und wird finsterer Desert Blues.
Insgesamt 12 Desert-Blues-Titel stellen Lunch und Grove auf die Beine. Cpyress Grove spielt eine exquisite Akustikgitarre, verknüpft dabei Feingefühl und Handwerk.
Es ist ein Zirpen und Zupfen, zu dem das Schlagwerk pocht, E-Gitarren lärmen oder verdichten und man sieht förmlich Nick Cave & The Bad Seeds um die Ecke lugen.
Lydia Lunch haucht, flüstert oder quengelt ihre Lyrics zum Wüstenblues, hin und wieder darf auch Cypress Grove seine Stimme mit einbringen. Zumeist wird ein schleichend-schleppendes Tempo bevorzugt.
Etwas schnellere Nummern wie z.B. „Jericho“ bleiben die Ausnahme, ebenso der Einsatz der Blues Harp, die auf „Tuscaloosa“ und „T.B. Sheets“ eine wichtige Rolle einnimmt und einem förmlich nächtlich-kalten Wüstensand in die Augen bläst.
Atmosphäre ist auf „A Fistful Of Desert Blues“ beinahe alles, dennoch schälen sich aus den klanglichen Stimmungen immer wieder Songs heraus, ein Umstand, der spätestens beim dritten Durchlauf bestätigt wird.
Ein Album nicht nur für Lydia Lunch und Cypress Grove Anhänger, auch Freunde von Nick Cave, Hugo Race, Patti Smith, Anita Lane und Crime & The City Solution dürften dieser Platte etwas abgewinnen können.
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