Das Schöne am ersten Album ist, dass die Erwartungen noch relativ niedrig sind. Man ist unbekannt und somit für Feuilleton und Publikum gleichermaßen ein unbeschriebenes Blatt. Anders sieht das allerdings aus, wenn man Absolvent des Liverpool Institute Of Performing Arts ist und bereits einen Song zu einem GTA-Soundtrack beigesteuert hat. Dann wird auch das Debüt kritisch beäugt.
Dieses zweischneidige Schwert hält Dan Croll dieser Tage in den Händen, der mit „Sweet Disarray“ sein Erstlingswerk veröffentlicht, das ungewöhnlich gespannt erwartet wird. Doch siehe da: Der junge Mann, der laut eigener Aussage seine Freizeit damit verbringt, günstig Instrumente im Internet zu ersteigern, hält dem Druck stand und überzeugt auf „Sweet Disarray“ auf ganzer Linie.
Dabei fängt er den typischen Indie-Pop-Sound ein. Lebensbejahende, optimistische Songs inklusive frohlockender Gitarrenriffs. „From Nowhere„, der Opener, sticht dabei heraus und hat großes Potenzial, ein Sommerhit abseits der Mainstream-Radiostationen zu werden. Ansonsten zitiert Croll, was das Zeug hält. Mal klingt er eher wie Christian Kjellvander („In/Out“, „Always Like This„), mal wie Darwin Deez („Compliment Your Soul“). Das sind die offensichtlichen Ähnlichkeiten, die einem beim Zuhören ins Ohr springen. Im Detail fallen dann noch Afrobeat-Einflüsse und die augenscheinliche Vorliebe für Simon & Garfunkel auf.
Dabei gelingt Croll auf „Sweet Disarray“ ein besonders bemerkenswertes Kunststück: Inhaltlich bewegt er sich zumeist im Bereich Beziehungen (und ihre Dramen), doch auch bei schwierigeren Themen, wie dem Tod eines Freundes („Only Ghost„) oder der Demenz seiner Großmutter („Sweet Disarray„), bleibt er seinem Klang treu. Wenn man den Text ausblendet, gehen auch diese Tracks als locker und leicht durch, was insofern bewundernswert ist, als es unheimlich schwierig ist, die Stimmung von Text und Ton derart parallel laufen zu lassen, ohne dass es einem als Hörer stört. Im Gegenteil: Durch diesen Kontrast werden tonnenschwere Sorgen doch in etwas Positives verwandelt. Make the most of it-Attitüde.
Schwierig daran ist allein, dass „Sweet Disarray“ trotz vielfältiger Einflüsse aus verschiedensten Genres nicht zu überraschen weiß. Durch die Fokussierung auf den Indie-Pop, lediglich mit gelegentlichen Tempowechseln, sind die Lieder zum Großteil vorhersehbar. Aber seien wir an dieser Stelle nicht so streng – wir haben es schließlich mit einem Debütanten zu tun.