Die Tage werden wieder kürzer und kälter und das Bedürfnis, sich zuhause zu verkriechen, wächst proportional zur schwindenden Sonnenstundenzahl. „Songs“, zweites Album von Deptford Goth, ist ein idealer Begleiter für Cocooning-Anwandlungen: Den lapidaren Titel darf man als typisch britisches Understatement verstehen, die elf Tracks – oder Songs oder beides zusammen – verbinden in elegant-schlichter Form Elektronik mit Singer-/Songwriterklängen. Synthesizer, Piano und Gitarren verschmelzen zu einem sanften, melancholischen Sound, der an James Blake oder Perfume Genius erinnert, jedoch weder die verschachtelten Beats des einen, noch den dramatischen Gestus des anderen aufweist.
Nach seinem von Kritik und Fans sehr wohlwollend aufgenommenen Debüt „Life After Defo“ von 2012 hat Daniel Woolhouse a.k.a. Deptford Goth (der weder Gothic ist, noch aus Deptford stammt: er arbeitete in diesem Städtchen als Lehrer, „Goth“ schien ihm einfach passend) zu seinem ganz eigenen Stil gefunden. Und der ist zwar zurückhaltend und leise, aber unverwechselbar. Was nicht zuletzt an Woolhouses heller Stimme liegt, die sich ihren Weg aus seinem eindrucksvollen Bart bahnt und der er auf „Songs“ mehr vertraut als auf seinem Erstling. Und auch an der trotz aller Bescheidenheit im Ausdruck unüberhörbaren, grundsätzlich positiven Haltung, die wiederum darin begründet sein mag, dass Deptford Goth unlängst geheiratet hat, in einem Häuschen mit Meerblick wohnt und offensichtlich ein sehr zufriedener Mensch ist (glücklich wäre jetzt wiederum ein zu heftiges Wort).
Das vorab veröffentlichte „The Lovers“ und „Two Hearts“ verbreiten eine lebensbejahende, regelrecht soulige Stimmung, die allerdings nicht zum emotionalen Überschwang in Richtung R’n’B neigt: Woolhouses bereits erwähnte britische Zurückhaltung würde das nicht zulassen. Vielmehr schafft Deptford Goth eine tröstliche, wärmende Umgebung, in der man sich sofort zuhause fühlt.
Die Texte sind intim, bieten aber keine entblößende Nabelschau. Deptford Goth will umarmen, nicht gleich ins Bett ziehen – und bei „The Loop“ vielleicht sogar ein ganz kleines Bisschen tanzen. Das hymnisch angelegte „The Circle“ sollte man dagegen hören, wenn dunkle Wolken den eigenen Horizont verdüstern: dieses Lied kann Leben retten, zumindest aber (kitschfrei) daran erinnern, dass auf Regen irgendwann auch wieder Sonne folgt.
Deptford Goth ist kein Mann für Feuerwerk und Knalleffekte – seine Musik ist eher auf Nachhaltigkeit bedacht.