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Bonaparte – Becks letzter Sommer

Was für ein Setting: Christian Ulmen spielt in Frieder Wittichs neuem Film “Becks letzter Sommer” einen alternden Musiklehrer, der mit aller Kraft seinen Schüler, den 17-jährigen Rauli  (gespielt von Nahuel Pérez Biscayart) als Singer-/Songwriter-Star aufbauen will, damit er (Beck) doch noch sein Stückchen vom Pop-Kuchen abbekommt.

Der Soundtrack dazu stammt von – Bonaparte. Darauf muss man erstmal kommen, schließlich verbindet man die in Berlin ansässige Truppe um den Schweizer Tobias Jundt vor allem mit durchgeknallten Liveshows mit StripperInnen in Tierkostümen und einem, freundlich gesprochen, hochenergetischen Musikmix aus Elektro und Punk. Oder Punk und Elektro. Jedenfalls trashig, irre und hektisch – aber ein Filmsoundtrack? So richtig fürs große Kino? Hätte man den Jundt-Leuten nicht wirklich zugetraut.

Aber siehe da, Bonaparte können auch anders. Offenkundig führt die Verbindung Jundt-Ulmen zu einem wahrhaft kongenialen Output: Christian Ulmen läuft als ehrgeizgetriebener und gleichzeitig frustrierter Beck (ob mit dem Namen die Nähe zu Beck Hansen hergestellt werden soll, lässt sich nur mutmaßen) zu Hochform auf, die Musik von Jundt/Bonaparte begleitet die Story erstaunlich sensibel. Und intensiv, klar, alles was Jundt macht, hat eine nicht zu verleugnende Strahlkraft.

Dass es gut funktioniert, wenn Christian Ulmen und Tobias Jundt etwas zusammen machen, wussten die beiden natürlich schon: Vor gut zehn Jahren gründeten sie die Funpunkband Cashpunk, der im letzten Stück des Soundtracks gehuldigt wird – zu hören ist eine wilde Liveaufnahme von 2005, die ein früher Höhepunkt des gemeinsamen Schaffens ist, aber auch nicht der letzte.

Auf dem “Becks letzter Sommer”-Score nimmt sich Tobias Jundt sehr zurück, beziehungsweise demonstriert er seine Fähigkeit zur Variation. Der Soundtrack ist klassisch gestaltet, also mit filmtypischen, verschiedenen “Themes” für seinen Protagonisten Beck, mal orchestral arrangiert, dann wieder reduziert-skizzenhaft. Dazu zwanzig abwechslungsreiche Stücke (zehn Songs mit Text, zehn Instrumentals) zwischen Folk, Pop und Rock (keine Angst: es wird zu keinem Moment “brav”. Nur eben nicht so krass und verrückt wie bei Bonaparte) mit Band-Instrumentarium oder schlank produziert mit Drum-Machine und Synthie.

Sehr toll ist die runtergestrippte Coverversion des White Stripes-Megahits “Seven Nation Army” – Jundt holt den Song von den Rängen der Fußballstadien runter und platziert ihn gefühlvoll im Wohnzimmer. Überraschend und gut. Ein potentieller Sommerhit könnte das witzige “Chocolate Bears” sein, gefühlvoll wird es mit der Ballade “She Goes”. Tobias Jundt hat fast alle Instrumentalteile selbst eingespielt, daneben gibt es (gesangliche und instrumentale) Gastauftritte von Lias Saoudie (Sänger der britischen Punkband Fat White Family), King Khans 12-jähriger Tochter Amabelle Khan, dem New Yorker Tim Fite, den Streichern der Berliner Philharmoniker und selbstredend Christian Ulmen, zum Beispiel in “Tim Fites Big Mistake”.

Der Soundtrack zu “Becks letzter Sommer” macht große Vorfreude auf den Film, der, geht man nach der Musik, gar nicht schlecht sein kann.

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