Das Produzenten- und DJ-Duo aus Chicago, bestehend aus den Zwillingsbrüdern Hassan (Taiwo und Kehinde), wagt eine akustische Offensive und kreiert damit seinen ganz eigenen futuristischen Hip-Hop/Soul. Ihr lang ersehntes Debütalbum „FW14“ überrascht, wenn man beobachtet hat, was die Jungs unter dem Namen Christian Rich schon seit mehr als zehn Jahren treiben, nämlich geerdeten Hip-Hop und R&B, dabei immer genre- und stiltreu geblieben.
Nach dem loungigen Plattenintro „Yellow Moon“ tritt Vince Staples auf, für den die beiden Musiker aus Illinois in der Vergangenheit schon ein Album produziert haben. Neben einem bellenden Vierbeiner, der sich auch später in „Forever Ever“ zu erkennen geben wird, sprüht das Lied nur so vor Electronic-/Rave-Klängen, für Christian Rich synthesizer-technisch ein hoch gestecktes Ziel, dem sie allerdings gerecht werden können.
Der Kosmos, den die zwei Brüder in „FW14“ kreieren, ist irgendwie verträumt, verspielt und leider etwas zu feminin. Die bescheidenen Sängerinnen agieren zwar auf Höchstniveau, etwa die mit Jazz Crooning kokettierende Niia („Bells“) oder die schottische Angela McCluskey („Real Love“). Diese vermag uns mit ihrer zwar etwas zu zarten Stimme in ihren eigenen Mikrokosmos zu entführen, wenn auch etwas zu hypnotisch, da raucht der Kopf nach knapp über drei Minuten dann doch.
Nach der ersten Hälfte des Albums wird es mit „Fast Life“ und JMSN zwar sphärisch, aber musikalisch um einiges stärker. Langsam ist man im Flow, scheint die Philosophie dahinter besser greifen zu können. Verträumt reiht sich Song an Song. Abgeschlossen wird „FW14“ mit der Disco-Funk-Legende Steve Arrington (Slave, 1985: „Feel So Reel“) und „What More“. Ein sicheres Finale für Christian Rich. Weniger ein Wagnis als vielmehr ein Gutfühlmoment. Mit Steve Arrington kann man ein Album gut abschließen, da kauft man im sprichwörtlichsten Sinne nicht die Katze im Sack.
Dennoch bleibt die Frage, die skurrilerweise schon der letzte Songtitel der Platte aufwirft, offen: „What More“? „FW14“ ist spacig, eckt nicht an, verstört nicht, macht aber auch nicht Lust auf mehr. Christian Rich – da steckt viel Herzblut, viel Potential dahinter, das auch voll ausgeschöpft wird. Aber am Ende bleibt ein etwas verlorener Soundsalat im Kopf zurück, Puzzlestücke, die sich nicht aneinanderfügen. Wie am Ende eines Filmes mit zu viel Science-Fiction und zu wenig Realität. Vielleicht ist das aber auch Kritik auf einem ganz hohen Level der Dekadenz, Kritik von Konzeptalbenfanatikern, stets auf der Suche nach sinnstiftender Musik. „FW14“ ist aber mehr, es ist ein Universum mit oszillierenden Bässen und konspirativen Melodien, die eine ganz eigenes Sprache sprechen. Und die muss man erstmal verstehen lernen.
Daher: Chapeau Christian Rich! Und ein Pluspunkt für den Kinder-Chor („Better To“) – irgendwie deplatziert und daher umso sympathischer.