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Will Varley – Postcards From Ursa Minor – Kritisch, humorvoll und berührend

Will Varley verfügt sicherlich nicht über die markanteste Stimme im Singer/Songwriter-Genre. Er kann weder sonderlich hoch singen, noch brilliert er mit einer außergewöhnlichen Timbretiefe. Da ist eigentlich nur diese geradlinige eine Klangfarbe. Und dennoch laufen dem Briten die Fans in Scharen hinterher – und das wortwörtlich. Der Sänger fährt nämlich nur ungern im Tourbus durch die Gegend. Viel lieber läuft er zu Fuß von einer Stadt zur anderen – kein Witz.

Aber egal, zurück zur Musik: Zu Will Varleys Stärken zählt vor allem das ausgereifte Zusammenspiel zwischen sozialkritischen, teils humorvoll aufgepeppten Inhalten und einem ausbalancierten Soundmix der Marke Pub-Folk meets Lagerfeuergezupfe. Und da das alles so wunderbar harmonisiert, braucht es gar keine Ausnahmestimme, um den Hörer in seinen Bann zu ziehen.

“Postcards From Ursa Minor” – Varleys mittlerweile drittes Studioalbum – beeindruckt als Gesamtbild. Hier drängt sich niemand in den Vordergrund; schon gar nicht der Hauptverantwortliche. Sicher, ohne Varleys Organ würde dem Ganzen ein wichtiger Baustein fehlen. Aber das Album würde dennoch funktionieren. Dafür schält sich einfach zu viel überdurchschnittliche Teamarbeit aus dem Background durch die Boxen.

Wahlweise wie ein sich raufendes, leicht beschwipstes Eckkneipenkollektiv oder handzahm, nur auf Nuancen bedacht, steht der Hintergrund seinem “Chef” im Rampenlicht treu zur Seite. Und der bedankt sich mit witzigen (“As For My Soul”, “Is Anyone Out There?”), traurigen (“The Man Who Fell To Earth”) und berührenden Gedankengängen (“Dark Days Away”), sowie der einen oder anderen Ohrwurm-Melodie (“Seize The Night”, “The Endlessness And The Space Between”).

Obendrauf gibt es mit dem herrlich verschmitzten “Talking Cat Blues” auch noch einen vertonten Einsteigerkurs für aufstrebende Johnny Cash-Nachahmer. Storytelling hat er also auch noch drauf. Hätte er jetzt auch noch eine Stimme wie…, dann könnte die Konkurrenz getrost einpacken. Hat er aber nicht. Also, liebe Mitbewerber: Durchatmen, und ran an die Arbeit. Noch ist nichts verloren.

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