Das Sound Of The Forest hat den Anspruch eines der schönsten kleinen Festivals Deutschlands zu sein. Mit seiner wunderschön pittoresken Location kann dieser Anwartschaft eigentlich höchstens noch das Wetter einen Strich durch die Rechnung machen. Mit Ausnahme des Donnerstags zeigt Petrus aber sein größtmögliches Mitgefühl mit den Besuchern.
Die Macher sollten allerdings aufpassen, dass aus dem kleinen nicht bald ein mittelgroßes Open-Air wird: Ein jährlich wachsendes Publikum, immer knapper werdende, ohnehin nicht üppig vorhandenen Park- und Campingplätze, immer länger die Anstehschlangen und Laufwege.
Es hat sich eben längst auch überregional herumgesprochen, was für eine einzigartige Festivalkulisse beim Sound Of The Forest geboten wird. Ganz egal welcher Big Player gebucht wird, der Odenwald mit Marbachstausee ist immer wieder der ganz große Headliner dieser Veranstaltung – das Programm nur die Sahne obendrauf.
Das hat dieses Jahr mit Madsen und Blumentopf zwei namhafte deutsche Acts zu bieten. Während sich erstere allerdings in zu viel Spielereien und unausgegorenen Coversongs verzetteln, sind die Münchner Rapper am Samstag ein absolut würdiger Publikumsmagnet.
Und weil nach diesem Jahr Schluss sein soll mit Blumentopf, die Band ihrer wohlverdienten Rap-Rente entgegen geht, ist das Set beim Sound Of The Forest als Teil der Abschieds-Tour vollgepackt mit dem Besten aus fast 25 Jahren Bandgeschichte. „Die Jungs aus dem Reihenhaus“ lassen noch einmal eine überzeugende „Party Safari“ vom Stapeln und die Crowd dankt es ihnen mit kollektiver Ekstase.
Neben den beiden Hauptbands beweisen die Veranstalter aber auch in diesem Jahr wieder ein Händchen für kleinere und kleinste Acts. So überzeugt beispielsweise Singer/Songwriter Rocky Votolato am Freitag Nachmittag mühelos auf der „Unterholz“-Bühne. Der größte Feind seiner reduzierten Akustiksongs ist indes die Sonne. Nur wenige Besucher verlieren sich vor der kleinen Zeltbühne, die meisten sind um diese Tageszeit am und im See zu finden.
Mehr Glück haben deshalb die Bands, die auf der kleinen Seebühne auftreten, die direkt am Ufer und somit auf dem Campingplatz, statt dem eigentlichen Festivalgelände steht. Davor tummelt sich auf Handtüchern und Holstämmen im Schatten hölzerner Ausschank- und Dekobauten das Gros einer insgesamt sehr hippiesken Festivalgemeinde.
Einer der Nutznießer ist die Elektro-Trash Newcomer-Band Plasmat. Das Trio aus Heidelberg ballert bei schönstem Sonnenuntergangspanorama digitales Soundgraffiti in die Menge – mit viel Ironie, aber auch mit subtiler Gesellschaftskritik an beispielsweise Party-und Sextourismus („Bangkok“), exzessivem Bodybuilding („Muskelmann“) oder inflationärem Social-Media-Dünnschiss („Hashtaghure“). Zur Zeile „Crossfit im Moshpit“ dürfte der Band in diesem Jahr der größte Circlepit des Festivals geglückt sein.
Eine weitere, wenn auch komplett gegensätzliche Profiteurin von Seebühne und Wetter ist die Südafrikanerin Alice Phoebe Lou. Zum Ausklang des Festivals spielt sie sich am Sonntagnachmittag in die Herzen aller noch Anwesenden. Wer bereits abgereist ist, verpasst die wahrscheinlich herausragendste Entdeckung dieser Veranstaltung.
Feingesponnene Singer/Songwriter-Stücke mit Jazz und Bluescharakter, vorgetragen nur auf einer E-Gitarre, dazu eine umwerfende Stimme, die in einer extravaganten Schönheit strahlt, dass sich Vergleiche mit solchen Ausnahmekünstlern wie Joanna Newsom aufdrängen.
Wenn das eigentliche Programm nur die Sahne dieses Open-Airs ist, dann war Alice Phoebe Lou die Kirsche dazu – im nächsten Jahr gerne mehr davon.