Kaum jemand wird das meteorologische Ende des Sommers so sehr herbeigesehnt haben wie er: Der Mann mit den drei Vornamen, Julian Philipp David, gibt sich die Ehre und legt neugierigen Ohren seine Debüt-EP „Herbst“ vor. Damit setzt der Wahl-Mannheimer, der aus einem kleinen Dorf bei Freiburg stammt, dem Spätherbst ein gebührendes Denkmal, denn: „Herbst“ kann sich hören lassen!

Erfrischend entspannte Melodien mit einer ordentlichen Schaufel Melancholie – so lässt sich die Handvoll Songs umschreiben. Der Mittzwanziger wählt für die Beschreibung seiner Solo-Musik lieber eine etwas sperrige Wortneuschöpfung: ‚Songwriter-Rap‘. Was ein wenig unbeholfen-naiv daherkommt, trifft den Nagel aber durchaus auf den Kopf.

Aus den Lautsprechern und In-Ear-Kopfhörern dieser Welt mögen reinste Gitarrentöne zwischen Pop-Musik und federleichtem Indie-Sound ertönen. Das Ganze fügt sich mit pulvertrockenen Drumloops, gekonnten Sample-Kinkerlitzchen und dem narrativen Fluss des Hip-Hop zu einer Einheit.

Julian Philipp mag Lyrik, das merkt man beim eingängigen Song „Herbst“. Da geht’s ums feine Detail. Überhaupt scheint er das geschriebene Wort zu mögen. In seinen fünf Songs erzählt uns der Sänger von Beziehungen und Freundschaft, von Sehnsüchten und Träumen, dabei immer ziemlich geerdet. In Form geskripteter Tagebuchpoesie beschwört Julian Philipp David Aufbruch und Neubeginn zugleich – prototypisch für die dritte Jahreszeit.

Deutscher Hip-Hop der Nullerjahre à la „Gern Geschehen“, „Blast Action Heroes“, „Esperanto“ und „Deluxe Soundsystem“ war schon immer sein Steckenpferd: Erst heimlich im Musikverein und Jazzorchester, dann ganz offen in seiner ersten eigenen Band. Bewohnern des Südwestens von Deutschland könnte Julian Philipp David ein Begriff sein. Die Mannheimer Deutschrap-Band Tonomat 3000 hat sich inzwischen jedoch aufgelöst.

Zweifelsohne: Ein Händchen für sperrige Namen hat Julian Philipp David. Hinzu kommt, dass seine Anhängerschaft sicherlich eine ganz bestimmte Zielgruppe ansprechen wird (maximal U25?) – ähnlich wie es AnnenMayKantereit allzu gerne nachgesagt wird. Aber warum eigentlich nicht?

Hier geht es nicht um Musik für Jedermann. Hier geht es um das Transportieren von Gefühlen, die uns im Hier und Jetzt abholen. Eben im Herbst. Oder besser: in der glühweinhaltigen Vorweihnachtszeit.

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