Unharmonischer Noise verpackt als Harmonie wechselt sich ab mit unzähmbar dunkler Energie. Eine der interessantesten Veröffentlichungen des Jahres. Sehr schwer, sich daran satt zu hören.

Der erste Track „Kingdom“ setzt den Ton für das selbstbetitelte Debütalbum von Hope. Ohne Vorwarnung rollen ungezähmte Drums los. Darunter dunkel treibendes Dröhnen. Die Stimme von Christine Börsch-Supan bedient die gleiche Ästhetik wie das Video. Selbstbewusst verzweifelt, mehr schwarz als weiß, eintönig melodisch und unheimlich energetisch treibend.

„Cell“ verspricht anfänglich vermeintliche Entwarnung. Minimales Keyboard, harmonisch hohe Stimme. Man spürt die Erben des Jazz. Darunter baut sich eine unheimlich düstere Spannung auf. Der Noise Pegel schleicht sich unscheinbar an. Es wird sehr dicht. Doch keine Entspannung, es sägt an den Nerven. Fließender Übergang in „Raw“, die Spannung entlädt sich das erste Mal. Reduziert rhythmisch, Schlag auf Schlag.

So homogen abwechslungsreich geht es weiter. Goth, Industrial, Alternative, Noise-Rock? Alles und nix davon. Ein eigener, erfrischend neuer Klang. Der Gesang dominant über allem, lässt beim ersten Hören die Musik zur Nebensache werden. Eindringlich, kräftig aggressiv, treibend monotoner Sprechgesang, dann wieder harmonisch jazzig.

Genauso große Bandbreite auch in der Musik. Treibend, lieblich, doch komplex. Dann wieder explosionsartig wie der Beginn von „Drop Your Knives“. Tief versunkenes Wummern oder ekstatisch tanzbarer Gitarren-Noise. Fast immer eine Spur zu langsam, schleppend. Immer mit Spannung. Die vorgetäuschte Schönheit im Hintergrund meistens verzerrte Gitarren. Vermeintlich geradlinige Passagen aus komplexen Geräuschen gebaut.

Keine Sekunde ist trivial. Auch die unauffälligen Stücke beweisen Tiefe. Z.B. „Here Lies Love“. Langsamer Start, freundlicher Gesang. Leichtgewichtig die repetitive Percussion, ebenso der Refrain. Leichtes Kreischen und Dröhnen schiebt sich, gut getarnt als Harmonie, langsam nach vorne.

Ein Debütalbum? Definitiv, aber… Vor einigen Jahren noch Jazz aus dem modernen Lehrbuch unter dem Namen Mamsell Zazou. Die Historie hört man in Christines Gesang und in der Komplexität und Bandbreite der Komposition. Wenn man es weiß, aber nur dann. Damals gab es noch Farben und Hoffnung. Die steckt heute nur noch im Namen.

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