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The Bongo Club – Anybody Have A Lighter? – Zeitmaschine auf Hochglanz

Der Wunsch, in der Zeit reisen zu können, ist tief in der Menschheitsgeschichte verankert. Ob mit einer Kapsel, einem Auto oder gar einem Sofa – der menschlichen Kreativität scheint keine Grenzen gesetzt, wenn es darum geht, das geeignete Mittel dafür zu wählen.

Hat man sich dann endlich entschieden, taucht gleich schon die nächste grundlegende Frage auf. Wohin geht die Reise? In die Vergangenheit, um zu verstehen, warum Dinge so sind, wie sie sind, oder in die Zukunft, um seine Hoffnungen zu stärken oder Befürchtungen zu bestätigen?

The Bongo Club gehen die ganze Sache mit ihrem ersten Album “Anybody Have A Lighter?” etwas konservativer an. Nur etwas mehr als 10 Jahre wird die Uhr mithilfe treibender Gitarren zurückgespult.

10 Jahre, in denen sich die Landschaft der Pop-Musik kaum mehr hätte verändern können. Wo in Clubs früher die Hits von Bands wie The Kooks, The Strokes, Arctic Monkeys und The Killers dafür gesorgt haben, dass sich Körper bewegten, und Geschichten einer Jugend passierten, hört man heutzutage meist nur eintönige Beats. Im besten Fall schleicht sich noch mal der ein oder andere bekannte Refrain in das Meer aus Drops und Build-Ups.

The Bongo Club möchten diese Zeit wiederaufleben lassen. Daran lässt schon der erste Song des Albums, “Seventeen”, keinen Zweifel. Alles passt. Das Thema, durchfeierte Nächte als Siebzehnjährige, ein hohes Tempo und eine etwas langsamere Bridge, in welche man alles vom betrunkenen Heraustorkeln aus einer Bar bis zum verkaterten Rekonstruieren des letzten Abends am nächsten Morgen hinein interpretieren kann.

Und auch der Rest des Albums klingt so, als wüssten die vier Schweden ganz genau, welche Knöpfe sie drücken müssen, um eine authentische und moderne Version des Indie-Rocks der frühen Nuller auf ihre Platte zu bringen.

“Violent Disco People” bringt dabei einen  hymnenartigen Industrial-Sound mit, “Tell Your Friends” den eingängigen Song mit Hit-Potenzial und “Victoria” den anonymen Titelsong, der einen ganzen Laden zum “woo-hoon” bringen kann. Also eigentlich alles dabei. Oder?

Was fehlt, oder in der Anreihung der 10 ähnlich unterhaltsamen aber auch ähnlich klingenden Lieder untergeht, sind zwei Dinge: Erstens verzichten The Bongo Club in Zusammenarbeit mit ihrem Produzenten Owen Morris darauf, eine Ballade in das streng getaktete Album zu integrieren. Dass das einen Unterschied machen kann, beweiste Morris bereits 1995, als er mit “(What’s The Story) Morning Glory?” von Oasis das Projekt abmischte, welches wohl die unsterblichste aller modernen Balladen hervorbringen sollte, “Wonderwall”.

Mit dem zweiten Problem dieses Albums stehen The Bongo Club nicht allein da. Beim Versuch, die dreckige und abgenutzte, spontane und authentische Art und Weise des Club-Rocks dieser Zeit nachzuahmen, kommt ihnen genau dieser Dreck abhanden.

Ähnlich wie bei Catfish And The Bottlemen ist es kein Problem, die einzelnen Spuren der Musik herauszuhören, die seperat aufgenommenen “woo-hoos” und die auf Hochglanz polierte Stimme. Dort wo früher eine undurchdringbare Wand aus Sounds auf das Gehör des Konsumenten prallte, treffen jetzt nur noch ein paar Spuren ein, einzeln und nicht mit vereinter Durchdringungskraft.

The Bongo Club haben mit “Anybody Have A Lighter?” eine Platte herausgebracht, die gut tut. Sie belebt ein Genre, das in den letzten Jahren klammheimlich immer weiter von der Bildfläche verschwunden ist und macht das souverän, euphorisierend und vielleicht zu perfekt.

Etwas weniger Perfektion und Respekt vor den Vorbildern und dafür etwas mehr Kneipenrauch und Unvorhersehbarkeit, dann findet jeder seinen Platz in der Zeitmaschine namens The Bongo Club.

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