Unser Sound ist nicht so richtig greifbar – Superorganism im Interview

In Zeiten, in denen das Internet tagtäglich tausende neue Bands und Künstler gegeneinander antreten lässt, gelingt es nur noch den wenigsten Newcomern einen globalen Fußbadruck zu hinterlassen. Auch die Damen und Herren von Superorganism machten sich nichts vor. Die acht, aus Japan, Neuseeland, England und Japan stammenden Bandmitglieder wollten einfach nur gemeinschaftlich musizieren – ganz ohne Erfolgsdruck. Doch dann kam alles anders.

Gleich der erste, im vergangenen Jahr online gestellte Track der Band („Something For Your M.I.N.D.“) schlug so dermaßen große Wellen, dass sogar Branchen-Ikonen wie Frank Ocean und Ezra Koenig laut losjubelten. Praktisch über Nacht wurden die Wahl-Londoner Harry, Ruby, B, Robert, Tucan, Soul, Emily und Orono auf den Pop-Thron gehievt. Die BBC-Soundlist-Verantwortlichen, Jools Holland und die Soundtrack-Chefs des PS4-Megasellers „Fifa 18“: Sie alle klopften vehement an die Pforten des achtköpfigen Kollektivs aus Londons Vorzeige-Viertel Homerton.

Und der Rausch will nicht enden. Am Freitag kommen Superorganism mit ihrem heißersehnten, selbstbetitelten Debütalbum um die Ecke. Wir trafen uns in Berlin mit Harry, dem Synthie-Verantwortlichen der Band zum Interview und sprachen über den kommenden Fußball-Weltmeister, musikalisches Händchenhalten und den Erfolg im Hier und Jetzt.

MusikBlog: Harry, zunächst einmal: Schöne Grüße von meinem Sohn. Der ist großer „Fifa 18“-Fan.

Harry: Oh, cool. (lacht) Und mag er auch unseren Soundtrack-Beitrag?

MusikBlog: Auf jeden Fall. „Something For Your M.I.N.D.“ gehört zu seinen Lieblingstracks. Ich soll dich auch fragen, ob du selbst Fußball spielst, und ob du einen Lieblingsverein hast?

Harry: Ich bin nur Fan. Da ich in Burnley aufgewachsen bin, fiebere ich natürlich mit dem FC Burnley mit. Wir spielen dieses Jahr eine ziemlich gute Saison.

MusikBlog: Ja, da ist was dran. Sag mal, wer wird denn Weltmeister?

Harry: Oh, da habe ich Deutschland ganz vorne auf meiner Favoritenliste. Die Franzosen haben auch wieder ein tolles Team beisammen. Ich bin auch gespannt, wie sich England schlägt. Aber am Ende wird Deutschland den Cup holen. Da bin ich mir ziemlich sicher. Deutschland ist am besten organisiert. Da geht jeder in seiner Position auf. Die spielen sehr diszipliniert.

MusikBlog: Apropos Disziplin: Wie sieht’s damit bei euch in der Band aus? Ich meine, ihr seid acht verschiedene Charaktere. Hält da auch jeder seine Position?

Harry: (lacht) Auf jeden Fall. Ich glaube auch, dass dieses Anti-Ego-Feeling ein wichtiger Baustein unseres Erfolgs ist. Bei uns steht niemand im Mittelpunkt. Sicher, Orono sticht heraus, weil sie singt und meist als Erste wahrgenommen wird. Aber wenn man hinter die Kulissen blickt, merkt man schnell, dass bei uns keiner ohne den anderen kann. Wir sind wie eine Maschine, die aus acht verschiedenen, gleich wichtigen Teilen besteht. Das ist unser Schlüssel. So leben wir. So schreiben wir Songs. Und so präsentieren wir uns auch auf der Bühne.

MusikBlog: Ihr habt euch alle mehr oder weniger übers Internet kennen gelernt. Es soll ja Bands und Künstler geben, die sich mehr denn je nach den Zeiten zurück sehen, in denen man sich noch Briefe schrieb. Euch würde es ohne den digitalen Fortschritt wahrscheinlich gar nicht geben. Ergo: ein Hoch auf den technischen Fortschritt?

Harry: Nun, es gibt bestimmt auch mal Momente, in denen uns das Bit- und Bytes-Leben auch Probleme bereitet. Aber im Großen und Ganzen sind wir ein glückliches und zufriedenes Produkt einer Zeit, in der wir alles selbst in der Hand haben.

MusikBlog: Eure Songs entstehen in den Schlafzimmern eures WG-Lofts. In welchem Schlafzimmer ist diesbezüglich immer am meisten los?

Harry: Das kann man gar nicht so genau sagen. Es fängt immer irgendwo mit einer Idee oder einer Melodie auf einem Laptop an. Dann wandert diese Wurzel von einem Zimmer zum nächsten. Und irgendwann sind alle mit involviert. Jeder Song ist ein Gemeinschaftswerk. Ich denke, dass hört man irgendwie auch raus. Wir sind in puncto Sound nicht so richtig greifbar.

MusikBlog: Beck und Devo sind Namen, die ziemlich oft fallen, wenn es um euren Sound geht.

Harry: Das ehrt uns natürlich. Aber wir lassen uns auch noch von ganz anderen Künstlern beeinflussen. Bei uns hört man Nirvana genauso oft wie Britney Spears oder Pavement. Wir lassen alles zu. Alles ist erlaubt. Und am Ende, wenn wir dann alles in einen Topf werfen, klingt es nach Superorganism. Eine ziemlich einfache Rechnung, die aber super funktioniert.

MusikBlog: Allerdings. Ihr habt bereits Edel-Fans wie Frank Ocean, Jools Holland und Ezra Koenig. Wie fühlt sich das an?

Harry: Unwirklich. (lacht)

MusikBlog: Aber es ist real.

Harry: Ja, ich weiß. Ich glaube, wir haben das alles noch gar nicht so richtig verarbeiten können. Vom Tag, als wir unseren ersten Song online gestellt haben, bis heute ist so viel passiert. Und wir reden hier nicht von einem drei- oder vierjährigen Zeitraum. Das alles ist innerhalb weniger Monate geschehen. Es macht Spaß, keine Frage. Es ist aufregend und faszinierend. Aber manchmal wünsche ich mir auch, dass man mal kurz zur Ruhe kommt und alles so richtig in sich aufsaugen kann.

MusikBlog: Selber schuld.

Harry: Ja, wohl wahr. (lacht) Ich will mich auch nicht beschweren. Es ist ja auch toll, so wie es ist. Wir genießen jeden Moment. Und ich hoffe natürlich, dass das alles noch lange anhalten wird.

MusikBlog: Wir auch. Vielen Dank für das Interview.

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