„Here Lies The Body“. Hier liegt der Körper. Ein Satz, der doppelbödig zusammenfasst, worum es in diesem Album geht: Um Sex und den Tod.

Der Körper in seiner fruchtbaren Erotik und seiner leblosen Hülle, je nach Lesart entweder ein Zeichen romantischer Hingabe oder pragmatische Inschrift eines Grabsteins – musikalisch inszeniert von den beiden bärtigen Schotten Aidan Moffat und RM Hubbert. Letzterer primär für die Instrumentierung zuständig, während Moffat Texte und Gesang beisteuert. Wobei „Gesang“ vielleicht etwas zu weit gegriffen ist – viel mehr oszillieren die Vocals von Moffat zwischen sensiblem Spoken-Word-Vortrag und schroffer Gute-Nacht-Geschichte.

Ergänzt wird das Duo auf einem Großteil ihres gemeinsamen Debütalbums durch die Sängerin Siobhan Wilson, deren sanfte, feminine Stimme einen perfekten Antagonisten zu dem durchaus auch mal mürrischen, brummenden, sich in schottischem Akzent äußernden Organs Moffats darstellt.

Und so funktionieren genau jene Songs (u.a. „Cockcrow“) mit Unterstützung Wilsons auch am nachhaltigsten. Als auditives Äquivalent der dem Album zugrundeliegenden Dialektik. Doch tatsächlich geht es auch gar nicht so sehr um den eigentlichen Sound.

RM Hubberts Flamenco-Gitarre spielt zwar verschlungen, aber meist hintergründig, um die Narration Moffats nicht aus dem Fokus zu verlieren. Vor allem dem Opener verleiht sie aber eine Dynamik, die sich gerne häufiger hätte bemerkbar machen können.

Insgesamt ist also das Instrument der Stimme gleichermaßen untergeordnet wie die Musik der Erzählung selbst. Es geht darum, eine Geschichte zu erzählen. So wirken einige Songs eher wie ein Hörbuch – das pulsierend-atemlose „She Runs“ oder der gewitzte „Quantum Theory Love Song“ etwa.

Aber obwohl die Instrumentierung eher zur subtilen Untermalung dient, ist sie keineswegs einfältig oder belanglos. Verschnörkelt-perkussive Gitarrenarbeit trifft auf atmosphärische Synth-Pop-Beats, jazzige Improvisationen und eindringliche Pianoklänge – alles in einer grundlegenden Folk-Rahmung.

Textlich strotzt „Here Lies The Body“ nur so vor zitierwürdigen Aphorismen („She is a love song / waiting to be sung“), authentischen Geschichten und präzisen Beobachtungen. Ursprünglich inspiriert von einem Artikel, den Moffat über die Ehe gelesen hat und der sich vor allem der weiblichen Sicht auf Beziehungen, Elternschaft und Sexualität widmete:

„Es wird akzeptiert, dass Männer so programmiert sind, dass sie naturbedingt Partner außerhalb der Ehe suchen. Aber es gibt keinen Grund, warum es Frauen nicht auch so gehen sollte, also habe ich versucht, das Argument mal von der anderen Seite zu betrachten. […] Die Idee von einer Ehe als einer romantischen, monogamen Sache ist ja auch erst 300-400 Jahre alt.“

Es steckt sehr viel in diesem Werk, welches selbst allerdings vor allem durch seine Zurückgenommenheit glänzt. Eigentlich steckt sogar alles drin. Denn, wenn man Aidan Moffat und RM Hubbert fragt, worum es geht, sagen sie:

„Sex und Tod, Liebe und Leben. Familie, Fügung, Glaube und Furcht. Gitarren, Stimmen, Cello, Saxophon, Roland, Wölfe. Leggins und Jeggins. Das Multiversum und Marshmellows.“

Im Prinzip steckt also alles in allem – egal wie groß, egal wie laut.

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