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Honeyblood – In Plain Sight

In Zeiten, in denen Band- und Soloprojekte immer mehr verschwimmen, man selbst bei zurückgezogenen, öffentlichkeitsunwirksamen Indie-Nerds kaum noch hört, ob hinter der Platte jetzt eine Gruppe oder doch nur der eine Mensch steht, erscheint Honeyblood wie das perfekte Paradoxon.

Erst war’s eine Band, die zwei Alben veröffentlichte und mit diesen aus Schottland in die ganze Welt sendete, mittlerweile ist’s ein Solo-Projekt, das wie eine Band klingt. Stina Tweeddale und Honeyblood sind die einzigen Konstanten und zum Glück auch auf dem aktuellen und dritten Album „In Plain Sight“ dabei.

Tweeddale gibt sich dabei alle Mühe, nicht allein zu klingen. Die Background-Vocals übernimmt sie selbst, während ihr Alter-Ego im Vordergrund die verzerrte Frontstimme mimt. Dank endgültig erlangter Freiheit und Selbstbestimmtheit schafft/schaffen Honeyblood eine rohe und pure Atmosphäre, die so nur aus vollkommener Überzeugung entstehen kann.

Das Problem mit dem Numerus, das uns jedenfalls grammatikalisch an Grenzen stoßen lässt, wird für Tweeddale zur Möglichkeit, Grenzen endlich zu überwinden. Mit dem Mindset von vier und der kompromisslosen Idee einer Person baut sie auf „In Plain Sight“ die Garage im Kopf.

Das hat dann vielleicht ein bisschen was von Christiano Ronaldos unabdingbarem Wunsch, mit neun Klonen und einem Buffon zu spielen, hier nur ohne Fußball und mit der wichtigen Anmerkung, dass es hier eben möglich ist.

Während „The Third Degree“ zu Beginn noch Kommunikationsprobleme zwischen den vielen Identitäten der Tweeddale erahnen lässt, wirkt es gegen Ende des Tracks so, als hätte sie nie mit anderen zusammengearbeitet.

Mit der Freiheit einer Solo-Künstlerin und dem Repertoire einer Rockband zeigt/zeigen (das wird nichts mehr, merken wir selbst) Honeyblood die Möglichkeiten eines Projekts auf, das dynamisch experimentell ist und gleichzeitig einem bestimmten Sound treu bleibt.

„In Plain Sight“ ist der Soundtrack zum zeitgemäßesten aller Teenie-Band-Filme. Über Aushänge, Craigslist, eBay Kleinanzeigen und Knuddels werden bis zum Schluss passende Bandmitglieder gesucht, bis am Ende nur eine*r überbleibt. Happy End ohne Band, der Titel wäre auch schon gefunden.

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