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Robert Görl Und DAF – Nur Noch Einer

Das „Nur Noch Einer“ der beiden Helden von DAF die Veröffentlichung ihrer neuen Songs erlebt, ist traurig. Umso mehr, da der im vergangenen Jahr verstorbene Gabi Delgado mit Robert Görl gerade wieder einen funktionierenden Kanal für ihre gemeinsame Arbeit gefunden hatten.

Görl, der Musik-Direktor des Duos, beackerte mit dem Korg MS 20/SQ10 für DAF ein Feld, dass die Altvorderen von Can und Kraftwerk bestellten, zog mit Sänger und Texter Gabi Delgado darin eine tiefe Furche, deren Schnörkellosigkeit für nachfolgende EBM- und Techno-Generationen richtungsweisend war.

“Passt” heisst es dato im Einsteiger „Erste DAF Probe“ und es passte mit martialischer Erscheinung und Titel-Parolen für sie zumindest bis 1982, bevor sich die Protagonisten überwarfen, um später in einer mehrere Comebacks und Live-Performances umfassenden On/Off-Beziehung nicht mehr an den Glanz vergangener Tage anknüpfen zu können.

“Nur noch Einer” ist ein in neue Tracks gewanderter, repräsentativer Querschnitt durch den DAF-Backkatalog; lässt das Album via „Im Schatten“, „Kunststoff“ und „Wir Sind Wild“ ihre Großtaten von „Alle Gegen Alle“ bis „Tanz Den Mussolini“ in Gedanken Revue passieren, erinnert die Moritat „Das Pur Pur Rot“ an das homoerotische Meisterstück „Der Räuber Und Der Prinz“.

Wenngleich der frühere Mann am Mikrofon der Platte an einigen Stellen spürbar fehlt, skandiert Görl die von der Stand-Up-Lyrik Delgados inspirierten Texte nahe an dessen Vortrag, tragen Maschinen-Beats seine Worte in eine „Neue Welt“.

Auch in Memoriam an seinen vermissten Partner vollendet der Multiinstrumentalist eine Produktion, die zwar keine neuen DAF-Horizonte öffnet, aber in kühler Textur auf der Basis noch vorhandener, luftdicht konservierter Tapes aus ihren Anfangsjahren ein authentisches Tondokument in das Jahr 2021 transformiert.

Als „Ein Kind Aus Dem Ratinger Hof“, jener legendären Düsseldorfer Institution, in dessen Probekeller andere Ur-Mitglieder der Ur-Besetzung geschasst wurden und dessen Bedeutung für die hiesige Popkultur Jürgen Teipel im Buch „Verschwende Deine Jungend“ umfassend darstellte, lässt er ein letztes Mal das Lebensgefühl der explosiven Früh-Achtziger wach werden.

Für alle, die von der Deutsch Amerikanischen Freundschaft nicht unbedeutend musikalisch sozialisiert wurden, schließt sich – wie für Robert Görl – mit „Nur Noch Einer“ deren Akte.

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