Eigentlich ist es unverschämt, was Tash Sultana im Palladium abliefert. Und zwar so unverschämt gut, dass man nicht weiß, ob man wegen der überproportionalen Verteilung an Talent an eine einzige Person in leichte Depressionen über das eigene Unvermögen verfallen soll, oder eben einfach mit offenem Mund das Schauspiel bestaunt.

Sultana lässt einem keine große Wahl, denn die Australier*in ist abseits ihres Könnens auch noch dermaßen sympathisch, dass man schon wenige Minuten nach dem Beginn der Show in ihren Bann gezogen wird.

Man kommt mit den Blicken gar nicht hinterher, so schnell wirbelt Sultana über die Bühne und bedient die Armada an Equipment mit einer Selbstverständlichkeit, die ihresgleichen sucht. Zwischen bunt leuchtenden Flamingo, Kaktus und Regenbogen finden sich unter anderem Keyboards, Gitarren, Bass, Trompete, Saxophon oder ein Mini-Schlagzeug.

Mehr als genug Beschäftigung für eine ausgewachsene Band, aber stattdessen hebt Tash Sultana die Redewendung „Selbst ist der Mann/die Frau“ auf ein gänzlich neues Level und loopt innerhalb kürzester Zeit ganze Soundwände zusammen, denen sie dann mit einem Instrumentalsolo das Sahnehäubchen aufsetzt, während ihr die Gitarre noch lässig auf dem Rücken baumelt.

Und dann kann Tash auch noch singen: Nicht nur irgendwie, sondern versiert auf der kompletten Skala von zerbrechlicher Zurückhaltung bis hin zur zerberstenden Whiskey-Stimme.

Das ganze Konzert hat etwas von einem Gesamtkunstwert. Es passt einfach alles zusammen. Die knallbunten Lichteffekte, die die Zuschauer mal ins Weltall, mal in die Wüste katapultieren oder eben den fluoreszierenden Hintergrund für Sultanas Multiinstrumenten-Spektakel liefern.

Sultana lässt ihrer Spielfreude freien Lauf und bereichert alle Songs um ausgewachsene Jam-Sessions, die sie so abwechslungsreich gestaltet, dass nichts ferner sein könnte als Langeweile. „Cigarettes“ beispielsweise schmückt Tash mit einem ausufernden Flötensolo, und allein der Fakt, dass man es im Jahr 2022 schafft, diesem Instrument den Coolnessfaktor aufzudrücken, hat einen Orden verdient.

Nach „Pretty Lady“ holt Sultana sich dann doch noch Bandverstärkung auf die Bühne und nutzt die freigewordenen Hände prompt, um ein kreischendes Gitarrensolo hinzulegen. Auch Support-Act Josh Cashman, mit dem sie bereits seit Kindertagen befreundet ist, darf für „Dream My Life Away“ und „Blame It On Society“ nochmal die Bühne betreten und den ruhigeren Part einläuten, der mit „Coma“ seinen Höhepunkt findet.

„Ich hatte ganz vergessen, wie schön es ist eine Show zu spielen, bei der die Leute nicht ständig reden. Hier in Deutschland nehmt ihr Musik sehr ernst und hört wirklich zu. Das bedeutet mir viel“, bedankt sich Sultana in einem der wenigen Momente, in denen sie das Mikrofon nicht ausschließlich zum Singen nutzt beim euphorischen Kölner Publikum. Dabei hat Sultana sich diesen Verdienst gänzlich selbst zuzuschreiben.

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