Langsam entwickelt es sich mit Kathryn Joseph zur Gewohnheit. Seit 2016 veröffentlicht die schottische Singer/Songwriterin in regelmäßigen Abständen unscheinbare Alben, die sich bei genauerem Hinhören weit aus jener Unscheinbarkeit hinauswagen – und meistens auch für den Scottish Album of The Year Award in Frage kommen.

„for you who are the wronged“ ist ihr drittes Album dieser Art. Der erste Eindruck bleibt der gleiche. Josephs Stimme wirkt fast zerbrechlich und ringt flüsternd kaum um Aufmerksamkeit. Dafür ist auch die Intensität des minimalen Klangkorsetts viel zu groß, das die kompromisslos ehrlichen Texte in atmosphärischen Lo-Fi-Indie hüllt.

Trotz beispielloser Fragilität in der Stimme Josephs dringt aus dem Texten auf „for you who are the wronged“ eine resiliente Stärke. Denn, allem anderen voran ist „for you who are the wronged“ ein warmes Album.

Mit Songs wie „bring to me your open wounds“ und „how well you are“ wirkt Josephs Gesang konspirativ und familiär zugleich. So, als wäre das gesamte Album nur für die Ohren des einen Zuhörers gedacht, für die eigenen vier Wände und eine ganz persönliche Auseinandersetzung mit den eigenen Wunden und Traumata.

Anstelle plakativer Achtsamkeitsparolen tritt bei Kathryn Joseph eine subtile Empathie, die nebst einem sphärischem Piano und reduzierten Beats besonders eindrücklich wirkt.

„for you who are the wronged“ ist das dritte Album einer Künstlerinnentrilogie, die sich stetig neuen emotionalen Landschaften verschreibt. Jetzt nähert sie sich der schwierigen Thematik nachklingender Traumata mit einer Sanftheit, die auf musikalischer Ebene nicht selbstverständlich ist.

Und genau deswegen stellt sich auch die Frage danach nicht, ob „for you who are the wronged“ wieder einen Platz auf der Shortlist für den Scottish Album of The Year Award finden wird – auf ein Podest scheint sich nichts auf dem aktuellen Album Josephs stellen zu wollen.

Kein Album für die Öffentlichkeit, sondern für die persönliche Sphäre eines jeden, der darin ein wenig Trost findet.

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