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Drugdealer – Hiding In Plain Sight

Michael Collins alias Drugdealer hat den Schelm in seinem Nacken diszipliniert und zu etwas mehr Ernsthaftigkeit erzogen. Auf seinem dritten Album “Hiding In Plain Sight” ist der Songwriter aus Los Angeles mit seinem Kollektiv deshalb noch immer betont beschwingt, aber eben auch betont beiläufig.

Sein Label redet daher von einem reifen Album; für gewöhnlich ein Stigma mit Todesstoß, der hier allerdings ins Leere geht. Böse Zungen würden in einem allzu schnellen Urteil vielleicht sogar von Fahrstuhlmusik sprechen. Noch ein unsägliches Urteil, das viel zu kurz greift.

Eigentlich tarnt Collins seine Platte nämlich einfach extrem gut – um dann aus der Beiläufigkeit heraus überraschend spritzig in die Lounge zu skaten und dabei nicht selten so cool wie Elvis Costello zu klingen.

„Madison“ ist wohl nicht nur der Phonetik nach intoniert wie Costellos „Alison“. Und überall der loungige Jazz-Pop mit allen erdenklich stereotypen Instrumenten und bilderbuchhaften Grooves.

Die Saxofone spielen lieber ein Halleluja zuviel, als jemanden zu vergessen. Gerade “Baby (feat. Tim Presley)“ hat nichts als Liebe für Saxofon-Fetischisten – wohlgemerkt für jene, denen dabei nicht nur Bilder altbackener Softpornos den Verstand vernebeln.

Es ist eines von gerade mal drei Stücken, bei denen Drugdealer auf Gaststimmen setzt. Ein Novum. Vormals ließ er noch die Hälfte seiner Platten von Vollprofis wie Weyes Blood einsingen. Auch auf Grund von Selbstzweifeln gegenüber der eigenen Stimme, wie man heute weiß.

Um ein Haar hätte es deshalb „Hiding In Plain Sight“ gar nicht gegeben. Dann würden sich Songs wie „New Fascination“ oder „Valentine“ heute stimmlich kaum so treffsicher auf „(The Angels Wanna Wear My) Red Shoes“ reimen. Eine Schande!

Zu verdanken haben wir das Annette Peacock, die Collins in seiner Notlage ermutigte, seine Stimme weiter in die Höhe zu treiben. Und siehe da, sein neu gefundenes Selbstvertrauen als Sänger in der ruppigen Tenor-Tradition von Nick Lowe, Ben Harper oder eben Elvis Costello macht Drugdealer insgesamt regelrecht funky für „Someone To Love“.

Dass unter diesen Voraussetzungen Songs auch mal übers Ziel hinausschießen, scheint fast unausweichlich und gilt insbesondere für den albernen Gitarrensound im Solo zu „New Fascination“. Es schmälert aber nur unmerklich eine beiläufig aufkommende Lust an einem „To Live And Drive In LA“.

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