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Blondshell – Blondshell

Manch ein Grunge-Liebhaber der 2000er-Wende fragt sich wohl seit langer Zeit: Wo sind die ganzen Avril Lavigne‘s und Courtney Love‘s der heutigen Generation? Das Projekt Blondshell von Sabrina Teitelbaum scheint für sie alle die Antwort darauf zu sein. Während ihr selbstbetiteltes Debütalbum nun diverse Seiten der Rock-Musik miteinander vereint, zeichnet es schlendernd ein Portrait von Sucht, Gewalt und brutaler Selbstachtung.

Aus den Untiefen der Stadt der Engel steigen jeden Tag Unmengen an jungen Musiker*innen auf, die sich erhoffen, inmitten Social Media und Streaming eine Künstler-Identität entwickeln zu dürfen, und das: lukrativ. Nur gelingt es in der fliegenden Austauschbarkeit nur wenigen, dem Stadtgespräch in der Musik-Landschaft Teil zu werden.

Sabrina Teitelbaum hat es geschafft: Als Blondshell ist sie erst seit einigen Monaten aktiv und ist jetzt schon Tour-Begleiterin von Porridge Radio, erhält mit ihrer Debütsingle “Olympus“ glänzende Rezensionen von der New York Times und geht zudem viral mit einem Auftritt auf Tik Tok. Besser könnte es also nicht laufen – der perfekte Zeitpunkt für die erste Platte.

Die gebürtige New Yorkerin tüftelte vor Blondshell an verschiedenen Projekten herum, die ihren jetzigen Sound prägen. So richtig kam die One-Woman-Band allerdings erst in der Isolation der Pandemie zustande, der Gedanke baute sich mit der Zeit immer weiter aus und manifestierte sich seit Oktober letzten Jahres mit sieben Singles, die wie vom Fließband veröffentlicht wurden.

Alle, außer einem Cover von The Cranberries‘ “Disappointment“ schafften es letztendlich auf “Blondshell“, das nun über Partisan Records erschien. Eine geheimnisvolle Nummer war das Album also nicht, aber das ist auch nicht der Anspruch von Blondshell.

Das wird schon bald nach dem Opener “Veronica Mars“ klar. Der kurze Song donnert zu Beginn ordentlich in die Ohren und erzählt von den Anfängen Blondshells’ in New York. Ab da plätschert die Platte soundtechnisch gemächlich vor sich hin, wie man es früher eben vom Grunge gewohnt war, aber textlich knallt Teitelbaum direkt, salopp und vulgär ihre Lebensrealitäten mit stimmigen Riffs vor die Füße.

“Logans‘s a dick“, stellt die Künstlerin in “Veronica Mars“ fest, später in “Sepsis“ reflektiert sie über ihre Beziehung: “What if I‘m down to let this kill me? / It should take a whole lot less to turn me off.“

Ohne ein System erzählt das Album von der Leber weg introspektiv über die Musikerin: Beziehungen, Süchte, Erinnerungen, Traumata werden kreuz und quer, aber logisch aufgearbeitet und bekommen dadurch ein authentisches Flair.

Zwischen dem Coming-of-Age-Songwriting von Avril Lavigne und der abgewetzten Wut von Hole findet sich Blondshell wieder, inmitten lauter Aussetzer, harmonischer Melodien und der Auflehnung, sich im Sound festzusetzen. In “Dangerous“ schlägt Blondshell ruhige, melancholische Töne an: “I‘m trying new things out / Isn‘t it obvious?“

Doch auch, wenn ihre Musik nicht modern klingt, schafft es Blondshell, ihre Geschichte innerhalb einer halben Stunde zu erzählen und dabei verdammt cool zu klingen.

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