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Culk – Live im Hafenklang, Hamburg

Die Erkältungswelle hat Hamburg scheinbar fest im Griff. Bei strömendem Regen haben nahezu alle, die kurz vor Einlass am Hafenklang auftauchen, Tickets für die ausverkaufte Show von CULK abzugeben.

Innen merkt man davon nichts. Zum Beginn ist der Raum gut gefüllt, die Stimmung gut. Heinrich Herz eröffnet als Support. Gesang und Gitarre live, der Rest kommt aus dem MacBook.

Der Drumcomputer stampft motiviert ohne Überraschung den Takt. Eingängiger Wave-Sound vermeintlich aus der Vergangenheit. Gemütliches Mitwippen. Klassische The-Cure-Motive lugen regelmäßig um die Ecke. Ansagen schwanken zwischen Euphorie über die Einladung zum Auftritt und sichtlicher Schüchternheit.

Nach ruhiger erster Hälfte legt Heinrich Herz einen Takt zu und es wird tanzbarer. Die ersten Reihen nehmen das dankbar an. Zum Ende des halbstündigen Sets tanzt bzw. wippt schon ein großer Teil vom Publikum mit. Die Stimmung ist noch besser. Chance für einen jungen Künstler, sich vorzustellen und ein gelungener Warm-Up.

Umbaupause ohne Umbau und CULK kommt auf die kleine Bühne. Gekleidet in zerlumpte Sakkos und Hemden. Der Sinn der „Kostüme“ erschließt sich nicht auf den ersten Blick.

Dafür erschließt „Generation Maximum“ sofort die Herzen des Publikums. Der Titelsong vom aktuellen Album funktioniert ab dem ersten Takt. Warmspielen benötigt es heute Abend nicht.

„Bronzeguss“ vom zweiten Album folgt ohne Pause und mischt eine ordentliche Portion Verletzlichkeit in den vollen Sound. Spätestens mit „www“ sind auch die letzten abgeholt. Der lakonische Sound aus dem Studio wird ergänzt um sehr viel mehr Druck. Bedrohlich drückend geben die vier Vollgas.

„2000“, getriggert durch eine Arte Doku auf der letzten Tour, nimmt die Energie etwas zurück. Von der damaligen Euphorie ist heute auch nicht mehr viel übrig.

Über „Jahre Später“ zur „Ode an die Freude“. Nicht ironisch gemeint, ein Gegenpol gegen die Ernüchterung der Beschäftigung mit der aktuellen Situation unserer Gesellschaft. Gut, dass Sophie das erklärt hat. Es wäre sarkastisch zu sagen, die nachdenklich fragile Verletzlichkeit räsoniert als optimistischer Gegenpol.

 „Begierde/Scham“ – textlich intensiv zurück zu den Wurzeln. „Faust“ erreicht den Zenit der  Energie. Dunkel treibend knistert es förmlich in der Luft, bevor „Faust II“ das Stück zärtlich dekonstruiert. Alle drei vom ersten Album.

Spätestens jetzt zementiert sich die Erkenntnis – die älteren Stücke funktionieren immer noch super auf der Bühne und sind alles andere als banal. Das neue Album bringt aber nochmal eine ganz andere Dimension an musikalischer Komplexität, ohne dabei verkopft zu wirken.

Über „Flutlicht“ und ein paar ältere Stücke verdichtet sich nicht nur die Energie sich der Applaus von Pause zu Pause. Manchmal glaubt man fast, das ist schon ein Ruf nach Zugabe.

Zum Ende des Sets demonstrieren die vier aus Wien noch einmal ihre musikalische Entwicklung über die Jahre. Nach „Willkommen in der Hedonie“ schließen sie mit „Ihre Welt“ ab.

Leichtgewichtig komplexe Intellektualität zum Start hebt die Percussion in den Vordergrund. Stoischer Sprechgesang zieht in den Bann. „Je lauter das Verstummen, desto größer die Explosion“. Konsequent baut sich ein zärtlich konstruierter Noise-Teppich auf hin zur Explosion. Das musikalisch beeindruckendste Stück beendet das lange Set nach 16 Stücken.

Die Zugabe lässt nicht lange auf sich warten. „Dichterin“, das erste Mal im Molotow vor gut vier Jahren live vorgetragen. “Eisenkleid”, das tanzbarste aktuelle Stück, leitet über zu „Nacht“.

Mit der Zugabe heben CULK die feministische Fahne nochmal ganz weit hoch und ernten tosenden Applaus zum wirklichen Abschluss des Abends. Der Andrang am Merch Stand danach ist fast genauso hoch wie kurz davor vor der Bühne. Ein sehr gelungener Abend.

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