Fiona Morrison, die schon vor fast 25 Jahren auf dem Cover vom Debütalbum „Biggest Bluest Hi-Fi“ von Camera Obscura zu sehen war, genießt die Sonne und blickt auf das tiefblaue Wasser vor sich. Nachdenklich und verletzlich – vielleicht ein Moment, in dem sich der Kreis für die Band schließt.
Über ein Jahrzehnt war die Indie-Band von der Bildfläche verschwunden, nachdem ihr letztes Album „Desire Lines“ 2013 erschienen war. Die Platte war auch die letzte mit Backgroundsängerin und Keyboarderin Carey Lander, die 2015 an Krebs verstarb.
Es hat lange gedauert, bis Camera Obscura über den Verlust hinwegkam. Die Bandmitglieder blieben in Kontakt, aber an Musik war lange nicht zu denken. Jeder musste erst herausfinden, wer sie ohne die Band sind, mit der sie so lange zusammengearbeitet hatten.
Ihr neues Album „Look To The East, Look To The West“ ist dennoch nicht weniger warm und wohltuend. Vielleicht wurde es von dem Entschluss beflügelt, alles richtig zu machen und die Herausforderung anzunehmen, nach so langer Zeit wieder gemeinsam Musik aufzunehmen. Diese Herausforderung haben Camera Obscura mit Bravour gemeistert.
Die neue Platte ist verträumt und versprüht den Dream-Pop-Charme, für den Camera Obscura bekannt sind. Egal, ob bei der americana-inspirierten Single „We’re Going To Make It In A Man’s World“, sanften Balladen wie „Only A Dream“ oder „Sugar Almond“, das direkt für Carey Lander geschrieben wurde.
Die Schotten balancieren perfekt zwischen langsamen und schnelleren Songs, mit einer tadellosen Tracklist und einer gekonnten Mischung aus Twee-Pop und Chamber-Pop, die sie schon auf früheren Alben zeigten. Verfeinert mit Tracyanne Campbells einladendem Gesang, fühlt es sich an, als würde man einen alten Freund nach langer Zeit wieder umarmen.
„Look To The East, Look To The West“, eine Zusammenarbeit mit Jari Haapalainen, der schon zweimal mit der Band gearbeitet hat, zeigt neben dem bekannten Sound auch eine echte Weiterentwicklung. Verzerrte Gitarreneffekte, warme Synthesizer und eine Vielfalt an Country-Texturen bereichern das Album.
Camera Obscura haben Donna Maciocia, ehemals bei Amplifico, als Nachfolgerin von Carey Lander engagiert. Eine heikle Angelegenheit, aber am Ende eine richtig gute Entscheidung. Die Musiker*innen haben sich sofort gut verstanden. Es war nicht wirklich ein Neuanfang, eher so etwas wie eine zweite Chance.
Da passt es auch perfekt, Fiona Morrison, die mittlerweile in ihren späten 40ern ist, wieder auf dem Cover zu zeigen – ein Symbol für die Reise der Band.
Auch wenn das Album vielleicht nicht die gleichen Höhen wie andere Platten von Camera Obscura erreicht, zeigen die Glasgower, dass sie ihre Ausstrahlung und ihr Talent für herzerwärmende Popproduktionen nicht verloren haben.