Angst vor der Zukunft brauchen The Mysterines mit ihrem kraftvollen Album keine haben. Kommt es hart auf hart, dann fegen die kathartischen Songs des Quartetts Zweifel und Ängste beiseite. „Afraid Of Tomorrows“ ist mit dem Durchwandern von Krise, Leid und etwas Wut eine erhebende Platte – paradoxerweise.

So qualifiziert sich schon der Einstieg fürs Vertonen des utopischen Traums vom Übermenschen in einem möglichen James-Bond-Soundtrack. Der schüttere, verzweifelte, schmerzverzerrte und bombastisch widerhallende Sound des Openers „The Last Dance“ lässt an die Atmosphäre von 007-Titelsongs denken, würde aber in diese Tradition zugleich etwas Neues einbringen.

Blechern fängt der Tontechniker der Briten den Gesang der charismatischen Lia ein. Teils übersteuert er sie wohl bewusst. So entsteht ein Vintage-Psychedelic-Effekt. Ebenso wurzeln die Mysterines im Garage-Punk wie auch in der Elektro-Szene.

Dieser Eindruck entsteht jedenfalls, wenn man das Album in all seinen Details, Schnörkeln und Struktur-Brüchen innerhalb von Songs auf sich wirken lässt. Durch die so kombinierten Klangfarben stellt sich kaum die Frage, wem die Band ähnlich klingt.

Pumarosa lassen sich wohl als nächste Verwandte einstufen. Am Rande denkt man kurz an Wolf Alice. Aber auch zu diesen beiden Combos ist der stilistische Abstand groß. Etliche Elemente der 1990er prallen aufeinander. Der Track „Stray“ etwa legt den Alternative-Girlie-Rock von Garbage mit dem elektro-infizierten UK-Grunge von Bush über Kreuz.

Meist zeichneten sie sich durch Spielereien mit Loops und einer Litanei an Synth-Gerätschaften aus. Das ist beim klar und hartkantig rockigen Album der Mysterines bis auf den Song „Inside A Matchbox“ anders.

Entweder bescheidet sich die Liverpooler Band mit akustischem Storytelling, wie in „Hawkmoon“. Oder sie fordert die Subwoofer mit gesteigerter Lust am Dröhnen heraus, beispielsweise im schwermütigen und wunderschönen „Junkyard Angel“.

Ebenso lassen es The Mysterines richtig krachen – zu erleben in „Sink Ya Teeth“. Oder sie beleben den guten alten Grunge, zum Beispiel in „Goodbye Sunshine“. Dann vermählt die Gruppe Geschrammel mit dissonanten Akkordfolgen und Weltschmerz über verpatzte, belastende Situationen des Abschiednehmens.

„Es ist eine Collage aus Verlorenem und grenzenloser Liebe“, kommentiert Frontfrau Lia Metcalfe das Lebensgefühl der Scheibe.

Die klangtechnische Unterwerfung des Menschen unter die Maschine, die Stimme verschmolzen mit Starkstrom, und eine gehörige Spur Düsternis prägen diese Platte. Gleichwohl strahlt sie viel Kraft und Kampfgeist aus.

Schreibe einen Kommentar

Das könnte dir auch gefallen

Album

The Cure – Songs Of A Live World: Troxy London MMXXlV

Album

Nick Mulvey – New Mythology

Album

Kae Tempest – The Line Is A Curve

Login

Erlaube Benachrichtigungen OK Nein, danke