Mehr Licht als Zerstörung herrscht auf „My Light, My Destroyer“. In Notizbüchern reiften die Folk-Pop-, Atmo-Electro- und Alternative Rock-Juwelen der 40-jährigen Poetin und Akustik-Gitarristin Cassandra Jenkins.

Ihrem Bauchgefühl, im Moment der Inspiration sofort den Stift zu zücken, und der Gelassenheit, auf den richtigen Moment zur Fertigstellung zu warten, vertraute die Singer/Songwriterin mit der sehr angenehmen Stimme voll und ganz.

Heraus kommt eine Sammlung tiefenentspannter Stücke. Während sich manche Metaphern aus Esoterik, Spiritualität und dem Glauben an kosmische Energien speisen, verhält sich die Musik dazu geradlinig.

Downbeat-artige Stücke wie „Tape And Tissue“ und „Delphinium Blue“ treten behutsam auf der Stelle und strahlen eine Aura aus, wie wenn man Enya mit Dillon kreuzen würde.

Andererseits streut Cassandra Jenkins ordentlich rockige Riffs wie in „Petco“ und „Clam’s Casino“ dazwischen. Sie knüpfen eher an Storyteller-Rock der Marken Leslie Feist oder Vanessa Peters an.

Auch das Spiel mit Noise beherrscht Cassandra. Als Teenager hörte sie zum Beispiel gerne Radiohead, davon hat sie gelernt. In Zügen und Flugzeugen nahm sie Field Recordings auf, legte dann kaputte, abgebrochene Hall-Effekte darüber.

Bereits der Einstieg ins Album signalisiert so viel Fragilität, dass man im ersten Moment wie gebannt zuhört – aus Sorge, jede Regung könnte den zerbrechlichen Charme eines so schönen Werks zerstören.

Da klingt bei Jenkins der PJ-Harvey-Ansatz an: Durch Ruhe, stille Momente, Nachdenken, atmosphärische Wortpausen die Fantasie der Hörer*innen anzuregen und mehr zu erzählen als mit bloßem Text.

Während die wunderschöne Saxophon-Verzierung des schlüpfrigen Schlussstücks „Only One“ zur geloopten Zeile „You’re the only one / that I have ever loved“ zwar ein bisschen den Geschmack von Lounge-Compilations hat und arg cheesy wirkt, setzt ein fragmentarisches Cello-Instrumental einen ambient-jazzigen i-Punkt darauf.

Insgesamt eine runde Sache, lässt sich „My Light, My Destroyer“ mühelos in einem Rutsch hören. Während ich das Album auf mich wirken lasse, habe ich immer wieder folgendes Bild vor Augen: Durch ein Aquarium mit gleichmütig ihre Bahnen ziehenden Fischen hindurch zu gucken. Dahinter eine kleine Kammer mit glimmenden, süß duftenden Räucherstäbchen, spärlich beleuchtet. Intim.

Derweil beschreibt die Sängerin, dass die Songs in einer ganz anders gearteten Umgebung wurzeln. „Wenn ich in New York City mit der U-Bahn zu Live-Shows fuhr, keimte in mir der Wunsch, das haptische Gefühl der Elektrizität in einem Raum voller Leute zu kanalisieren.“

Sie beschreibt den Big Apple als „unendlich stimulierend“. Da geht es ihr wohl ähnlich wie Sixties-Songwriterin-Ikone Laura Nyro. Cassandra Jenkins ist zwar noch ein Geheimtipp, klingt aber durchaus wie die Nyro von heute.

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